Wenn Personalverantwortliche auf skurrile Bewerbungstests setzen…

skurille Bewerbungstests

Im Bewerbungsprozess begegnen Kandidat:innen mitunter ungewöhnlichen „Tests“, die wenig mit fachlicher Kompetenz zu tun haben. Diese Methoden sollen angeblich Persönlichkeit und Arbeitsweise bewerten, weisen jedoch erhebliche methodische Schwächen auf.

Bewerbungstests: Eine kleine Übersicht

Der Salz-und-Pfeffer-Test: Was steckt dahinter?

Eines der bekanntesten Beispiele für unorthodoxe Methoden ist der sogenannte Salz-und-Pfeffer-Test. Hierbei beinhaltet ein Recruiting-Tag auch ein gemeinsames Mittagessen. Der Bewerbende erhält ein Essen (meist ungewürzt) und vor ihm stehen Salz- und Pfefferstreuer. Das Verhalten soll dann angeblich Rückschlüsse auf Persönlichkeit und Entscheidungsverhalten zulassen.

  • Wer ohne vorher zu probieren, zu Salz oder Pfeffer greift, gilt als impulsiv und voreilig und fällt bei einigen Personalern und CEOs direkt durchs Raster.
  • Probieren Bewerbende das Essen zunächst und würzen erst dann, zeigt dies angeblich eine durchdachte Herangehensweise.
  • Wer überhaupt nicht würzt, könnte als anpassungsfähig oder genügsam eingestuft werden.

Was auf den ersten Blick harmlos erscheint, ist in der Aussagekraft jedoch mehr als fragwürdig. Denn wieso sollte die Gewohnheit, Essen intuitiv zu würzen, Rückschlüsse auf Arbeitsweise oder Führungsstil zulassen? Und vor allem: Welche Rolle spielt das für die eigentliche Qualifikation?

skurrile Bewerbungstests

Wenn es zu skurril wird im Bewerbungsgespräch…

Weitere ungewöhnliche Methoden im Bewerbungsprozess

Der Salz-und-Pfeffer-Test ist längst nicht die einzige ungewöhnliche Strategie, um Bewerbende „auf die Probe“ zu stellen. Manche Unternehmen setzen auf Psychospielchen, Stressmomente oder unlösbare Aufgaben, um die Reaktionen zu analysieren.

Verhaltenstests mit Gegenständen

Der Wasserglastest Bewerber:innen erhalten ein Glas Wasser, während Personalverantwortliche deren Verhalten beobachten: Wie wird das Glas gehalten? Wie wird getrunken? Was geschieht mit dem leeren Glas? Diese Beobachtungen sollen Rückschlüsse auf Umgangsformen und Aufmerksamkeit ermöglichen.

Der Kaffeetassentest Am Ende des Gesprächs wird beobachtet, ob Kandidat:innen ihre Tasse eigenständig in die Küche bringen oder zumindest anbieten, die Tasse mit aus dem Besprechungszimmer zu nehmen. Dieses Verhalten soll Teamfähigkeit und Eigeninitiative indizieren.

Soziale Kompetenz-Tests

Die absichtlich unfreundliche Empfangsperson Direkt beim Betreten des Unternehmens begegnet der Bewerbende einer scheinbar schlecht gelaunten Person am Empfang. Ziel ist es, zu testen, wie souverän die Person mit unangenehmen Situationen umgeht.

Der Aufmerksamkeitstest Ein*e Personalverantwortliche lässt absichtlich einen Gegenstand wie einen Stift oder Papier auf den Boden fallen. Die Reaktion der Bewerber:innen soll Hilfsbereitschaft und soziale Kompetenz aufzeigen. Abgesehen davon, ob man diesen Schluss tatsächlich ziehen kann, wäre dies nur in einem persönlichen Setting sinnvoll.

Flexibilitäts- und Stresstests

Der plötzliche Raumwechsel Während eines Gesprächs wechseln die Personalverantwortlichen plötzlich ohne jede Erklärung den Raum. Bei diesem fragwürdigen Vorgehen geht es darum, die Flexibilität und die Anpassungsfähigkeit der Kandidat:innen auf die Probe zu stellen.

Stresstest durch Geräusche Rhythmisches Klopfen mit einem Kugelschreiber soll die Stressresistenz prüfen. Kandidat:innen sollen aus dem Konzept gebracht werden.

Kreativitäts- und Denkaufgaben

Unmögliche Rätselaufgaben Fragen wie „Wie viele Golfbälle passen in einen Linienbus?“ zielen natürlich nicht auf das Wissen der Bewerbenden ab. Hier geht es vielmehr um Kreativität und Spontanität. Manchmal geht es auch darum, die Person aus dem Konzept zu bringen.

Spontane Aufgaben Das Bauen eines Papierfliegers oder ähnliche Tätigkeiten sollen unvorbereitete Reaktionen hervorbringen.

Stressfragen Fragen, die komplett aus dem Kontext gerissen zu sein scheinen, wie etwa Schätzfragen, sollen zeigen, wie Bewerber:innen unter Stress reagieren.

Ein kontroverser Test: Taschenkontrolle

Handtaschenkontrolle Bewerber*innen werden aufgefordert, ihre Handtasche / Aktentasche zu öffnen, um organisatorische Fähigkeiten zu demonstrieren.

Kritische Bewertung dieser Methoden

  • Situationsbedingte Verzerrungen: In Bewerbungsgesprächen zeigen Personen aufgrund der Stresssituation oft abweichendes Verhalten im Vergleich zum normalen Arbeitsalltag.
  • Interpretationsfehler: Was als mangelnde Initiative bewertet wird, kann auf Höflichkeit, kulturelle Unterschiede oder Unsicherheit zurückzuführen sein. Personen, die beispielsweise die Tasse nicht wegräumen, kennen möglicherweise die räumlichen Gegebenheiten nicht.
  • Begrenzte Aussagekraft: Spontane Reaktionen in Sekundenschnelle erlauben keine verlässlichen Prognosen über langfristiges Arbeitsverhalten.
  • Ethische Bedenken: Bestimmte Tests wie die Handtaschen-Kontrolle weisen diskriminierendes Potenzial auf und können rechtlich problematisch sein. Es handelt sich zumindest um einen Eingriff in den privaten Bereich.

Empfehlungen für Bewerber:innen

  • Besonnenheit bewahren: Unkonventionelle Testsituationen sollten nicht zu Verunsicherung führen. Fangen Sie nicht an die Sinnhaftigkeit von solchen Tests zu kritisieren. Wenn Sie es tun, müssen Sie auch bereit sein aufzustehen und das Gespräch zu beenden.
  • Nachfragen legitimiert: Die Frage „Auf welche Aspekte legen Sie dabei besonderen Wert?“ demonstriert professionelles Interesse
  • Authentizität beibehalten: Eine natürliche Reaktion ist meist angemessener als ein künstliches Verhalten.
  • Grenzen definieren: Bei unangemessenen Anfragen ist eine höfliche Ablehnung berechtigt

Fazit: Fachkompetenz als entscheidender Faktor

Professionelle Unternehmen verwenden strukturierte Interviewverfahren und kompetenzbasierte Bewertungsmethoden. Organisationen, die primär auf fragwürdige Testverfahren setzen, lassen Rückschlüsse auf ihre Personalauswahlstrategie und Unternehmenskultur zu.

Die Entscheidung sollte letztendlich auf Qualifikationen, beruflicher Erfahrung und fachlicher Eignung basieren – nicht auf der Art, wie eine Person ein Wasserglas hält oder eine Kaffeetasse behandelt. Bewerber:innen sollten sich durch solche Methoden nicht irritieren lassen und den Fokus auf die Präsentation ihrer beruflichen Kompetenzen und Erfahrungen legen.


Ihre Erfahrungen sind gefragt!

Haben Sie bereits ungewöhnliche Tests oder überraschende Fragen in Bewerbungsgesprächen erlebt? Welche kuriosen Situationen sind Ihnen begegnet und wie haben Sie darauf reagiert?

Teilen Sie Ihre Erfahrungen in den Kommentaren und helfen Sie anderen Bewerber:innen dabei, sich auf solche Situationen vorzubereiten. Ihre Beispiele können wertvolle Einblicke in die Vielfalt unkonventioneller Bewertungsmethoden geben.


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