Inhaltsverzeichnung
Bei einer Pressekonferenz zum Budgetfahrplan kündigte August Wöginger (ÖVP) an, dass die mögliche FPÖ-ÖVP-Koalition die Zuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosenbezug („AMS-Geld“) weitgehend abschaffen will. Diese Ankündigung blieb teilweise unkommentiert, obwohl sie weitreichende Folgen für die Betroffenen hätte.
Die angekündigte Maßnahme würde – so Wöginger – mit einem Schlag 82,5 Millionen Euro in die Staatskasse spülen. Der aktuelle Clubchef der ÖVP Parlament führte dabei aus, dass die Geringfügigkeitsgrenze bei 540 Euro liegen würde (es sind derzeit 551,10 €) und Menschen, die etwa 1000 € Arbeitslosenversicherung bekommen würden, somit ein „steuer- und abgabenfreies“ Nettoeinkommen von 1540 € beziehen würden (allerdings nur zwölfmal pro Jahr, was Wöginger nicht erwähnte).
Er sieht die Maßnahme als eine Möglichkeit Menschen wieder schneller in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen (sprich Beschäftigungsverhältnisse mit einem Entgelt von über 551,10 €) und somit budgetäre Einsparungen vornehmen zu können. Was lapidar mit zwei Sätzen angekündigt wurde, braucht aus unserer Sicht eine vertiefende Betrachtung…
Daten, Zahlen und Fakten zur geringfügigen Beschäftigung
Ein paar Zahlen zur geringfügigen Beschäftigung in Österreich im Jahr 2024. Quelle ist die Arbeitsmarktdatenbank des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft.
Beschäftigungsart | Dezember 2024 | Jahresdurchschnitt 2024 |
Geringfügig angestellt | 340.816 | 333.871 |
Geringfügige freie Dienstnehmende | 25.677 | 25.134 |
Gesamt | 366.493 | 359.005 |
Unterschiede geringfügig Beschäftigte (angestellt) und geringfügig beschäftigte freie Dienstnehmende
„Arbeitsrechtlich sind geringfügig beschäftigte Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer jenen gleichgestellt, die der Vollversicherungspflicht (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) unterliegen. Sofern ein Anspruch auf Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss, Weihnachtsgeld etc.) besteht bzw. wenn Sonderzahlungen ausbezahlt werden, sind diese ebenfalls zu melden und abzurechnen.“ (Quelle ÖGK).“ Bei freien Dienstnehmer*innen (auch geringfügig) gelten arbeitsrechtlich andere Maßstäbe. So fehlt weitgehend die persönliche Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit. Auch werden keine wesentlichen Betriebsmittel genutzt. Die Bezahlung des Entgelts erfolgt nach Arbeitsdauer, nicht nach Werk bzw. Erfolg.
Freie Dienstnehmende, die unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (aktuell 551,10 €) beschäftigt werden, sind sozialversicherungstechnisch wie angestellte geringfügig Beschäftigte zu behandeln. Sie müssen angemeldet werden und unterliegen auch der Unfallversicherung.
Tipp: Geringfügig beschäftigte freie Dienstnehmende können sich zusätzlich freiwillig kranken- und pensionsversichern. Den Antrag müssen sie beim zuständigen Krankenversicherungsträger stellen. Dies gilt auch für geringfügig beschäftigte Personen. Die Österreichische Gesundheitskasse bietet die Möglichkeit, sich freiwillig in der Kranken- und Pensionsversicherung zu versichern. Diese Selbstversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung kostet 2025 monatlich EUR 77,81. Dies funktioniert natürlich nur für Personen, die nicht beim AMS gemeldet sind.
Wie viele geringfügige Beschäftigte beziehen Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe in Österreich?
Laut den aktuellsten verfügbaren Daten üben etwa 11% der Bezieher*innen von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe in Österreich nebenbei eine geringfügige Beschäftigung aus (Quelle). Im Jahresdurchschnitt 2022 entsprach dies etwa 25.654 Personen, basierend auf der Gesamtzahl von 233.220 Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfebezieher*innen. 2021 waren es etwa 11 Prozent, also rund 35.000 Menschen. (Quelle)
Leider verfügen wir über keine aktuelleren öffentlich zugänglichen Zahlen für das Jahr 2023 und das Jahr 2024. Da im Jahr 2024 durchschnittlich 336.661 Personen geringfügig beschäftigt waren, können wir davon ausgehen, dass auch heuer um die 10 bis 11 Prozent der beim AMS gemeldeten Menschen Geringfügigkeit und AMS-Bezug kombinieren. Eine Studie von der prospect Unternehmensberatungs GmbH im Auftrag der Arbeiterkammer stützt diese These. Die Studie legt ihren Fokus auf das Jahr 2024 und auf die Bundeshauptstadt Wien. Demnach gaben 10,9 Prozent der Arbeitsuchenden in Wien an, einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen.
„Ungefähr jede:r Zehnte:r ist zum Zeitpunkt der Befragung neben der Arbeitslosigkeit geringfügig tätig, 21% sind in Ausbildung oder Schulung. Knapp 72% der Befragten gehen in der Arbeitslosigkeit keiner der gelisteten Tätigkeiten nach.“ (Quelle)
Auch wenn die Koalitionsverhandler*innen von FPÖ und ÖVP sich nicht dazu äußerten, wie eine „weitgehende“ Streichung der Zuverdienstgrenzen zu einem Mehr an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsaufnahmen und zu weniger arbeitslos gemeldeten Menschen führen soll, ist es vielleicht ratsam einen Blick auf die Ausführungen der „Agenda Austria“ zu werfen. Die „Agenda Austria“, einst von der österreichischen Tageszeitung „Kurier“ als „Denkfabrik der Millionäre“ (Quelle) bezeichnet, schrieb im August 2024 in ihrem „Plan A – wie wir den Arbeitsmarkt wieder ankurbeln“ folgendes:
„Raus aus der Geringfügigkeitsfalle. Nicht nur die klassische Teilzeitbeschäftigung stellt das Steuer- und Sozialsystem vor Herausforderungen. Auch die Möglichkeit zur geringfügigen Beschäftigung ist ein Systemfehler, der noch dazu Arbeitgeber wie Arbeitnehmer zur Schwarzarbeit einlädt. Die Geringfügigkeit wurde eingeführt, um Menschen ohne Job ein Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt zu bieten. Sie sollten ihre Qualitäten auf diese Art unbürokratisch unter Beweis stellen und in den Arbeitsmarkt reintegriert werden können; Langzeitarbeitslosigkeit würde sich damit eher verhindern lassen, dachte man. Was in der Theorie gut klingt, hat in der Realität allerdings ein paar große Haken. Das vermeintliche Sprungbrett wird häufig zur Sackgasse, aus der Arbeitslose nicht mehr herausfinden. Aktuell dürfen Arbeitslose monatlich 518,44 Euro steuerfrei dazuverdienen, ohne ihren Anspruch auf staatliche Unterstützung zu verlieren. Eine Vollzeitbeschäftigung bringt in vielen Fällen nur leichte Einkommenszuwächse gegenüber der Kombination aus Arbeitslosengeld und Zuverdienst. Das hält viele Menschen davon ab, sich wieder einen richtigen Job zu suchen. Daher sollte der geringfügige Zuverdienst abgeschafft werden.“ (Quelle)
Das Hauptargument der „Agenda Austria“ lautet: Wer Arbeitslosengeld bezieht und gleichzeitig geringfügig arbeitet, bleibt in der Arbeitslosigkeit. Diese Kombination wird als „Sackgasse“ bezeichnet, aus der Betroffene nur schwer wieder herauskommen. Das darunterliegende Argument ist ein rein ökonomisches. Das ist natürlich legitim. Allerdings berücksichtigt es keine Faktoren wie Nachfrage am Arbeitsmarkt (Qualifikation, Alter, Ausbildung oder gar die persönliche Lebenssituation der betroffenen Personen).
Weitere Belege, die für eine Abschaffung der Zuverdienstgrenzen sprechen
Eine Studie im Auftrag des AMS Kärnten unterlegt die These bis zu einem gewissen Grade. „Bei Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung beläuft sich die Frist zwischen dem Beginn des Geschäftsfalls und dem Wiedereinstieg in ein Erwerbsverhältnis oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze auf 188 Tage, bei der Kontrollgruppe der Arbeitsuchenden ohne gleichzeitiger geringfügiger Beschäftigung auf 114 Tage. Die entsprechende Differenz beträgt +74 Tage für die Untersuchungsgruppe, gleichbedeutend mit einer Verlängerung um 64,9 Prozent.“ (Quelle). Mit anderen Worten: Je länger Menschen arbeitslos gemeldet bleiben und gleichzeitig durch geringfügige Beschäftigung etwas dazu verdienen, desto länger dauert es, bis Menschen eine vollversicherungspflichtige Stelle annehmen. Allerdings haben wir hier nur den Blick auf Kärnten in den Jahren 2015 bis 2019.
Ferner gibt es seitens der bereits zitierten prospect / AK-Studie einen gewichtigen Einwand. Das Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung sei vor allem für Personen relevant, die unter 6 Monate arbeitslos sind. Dies träfe immerhin auf 18,6% der Befragten in dieser Gruppe zu. Lediglich 6,7% der Personen mit einer Arbeitslosigkeitsdauer von 6-12 Monaten und 7,5% bei einer Dauer von über 12 Monaten gaben an geringfügig beschäftigt zu sein. Anders formuliert: Mit zunehmender Arbeitslosendauer nimmt auch die Anzahl der geringfügig Beschäftigten – zumindest in Wien – ab.
Eine WIFO-Studie aus dem Jahr 2021 mit dem Titel „Anreizwirkungen ausgewählter Elemente im System der österreichischen Arbeitslosenversicherung“ enthält ein konkretes Rechenmodell, das klare Effekte benennt und ein ähnliches Modell wie jenes der „Agenda Austria“ vorschlägt – i.e. eine Kombination aus degressivem Arbeitslosengelt (siehe unten) und Streichung der Zuverdienstgrenzen. Das WIFO schreibt:
„Der Wegfall der Zuverdienstmöglichkeit reduziert den Jahresdurchschnittsbestand [an arbeitssuchend gemeldeten Personen] (Anm. the) deutlich (-15.600 bzw. -5%). Mit ihrer Abschaffung entfällt jedoch auch der Stepping-Stone-Effekt geringfügiger Beschäftigung, der für Personen, die typischerweise länger arbeitslos sind, eine größere Bedeutung hat (+10.000 Personen) als für kürzer arbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld, bei denen überproportional häufig Lock-in-Effekte wirken (-26.000).“ (Quelle)
Das WIFO Österreich kommt also zu folgendem Schluss: Wenn Menschen während der Arbeitslosigkeit nicht mehr nebenbei geringfügig arbeiten dürfen, verringert sich die Anzahl arbeitslos gemeldeter Menschen (-15.600 Personen oder -5%). Diese würden mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder in vollversicherungspflichtige Dienstverhältnisse übertreten, was ein Minus an Ausgaben durch das AMS und ein Plus an Versicherungs- und Steuereinnahmen bedeuten würde.
Allerdings hat das Verbot – laut WIFO – auch negative Folgen: Besonders Menschen, die länger arbeitslos sind (Notstandhilfe), nutzen geringfügige Jobs als Sprungbrett zurück in versicherungspflichtige Dienstverhältnisse. Ohne die Möglichkeit des Zuverdienstes bleiben etwa 10.000 Menschen länger arbeitslos, was der These von „Agenda Austria“ widerspricht.
Bei Menschen mit kürzerer Arbeitslosigkeit ist der Effekt umgekehrt: Ohne Zuverdienst finden etwa 26.000 von ihnen schneller wieder eine reguläre Arbeit. Der Zuverdienst mildert in den ersten Monaten offenbar den ökonomischen Druck „schnell“ eine vollversicherungspflichtige Arbeit anzunehmen. Diese Einschätzung ist umso bemerkenswerter, da „Agenda Austria“ der Meinung ist, dass Langzeitarbeitslosigkeit durch die Streichung des Zuverdienstes verhindert werden könnte. Wahrscheinlich ist das Gegenteil der Fall (Stepping-Stone-Effekt / Sprungbretteffekt).
Insgesamt spricht die WIFO-Studie davon, dass eine Streichung der Zuverdienstgrenzen 165 Mio. € bringen würden (im Gegensatz von den von August Wöginger (ÖVP) genannten 82,5 Mio. € (in der Pressekonferenz am 16. Jänner 2025). Was genau die Hälfte der WIFO-Schätzung wäre…
Weitere Argumente für eine Beibehaltung der Möglichkeit des Zuverdienstes in der Arbeitslose oder Notstandshilfe
Laut der bereits zitierten Kärntner AMS-Studie, die den Zeitraum von 2015 bis 2019 betrachtet, wird die Zuverdienstmöglichkeit gerne in Anspruch genommen, wenn der Tagsatz niedrig ist. Die Studie unterstützt die These, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse während der Arbeitslosigkeit einen Beitrag zur Reduzierung von Armutsrisiken leisten.
Auch das WIFO erwähnt, dass der Zuverdienst für viele arbeitssuchend gemeldeten Personen ein maßgeblicher Teil ihrer Existenzsicherung ist und somit zur Vermeidung von Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung beitrage.
Auch für die Unternehmen ändert sich etwas. Geringfügige Beschäftigung wird oft als Alternative zur Probezeit gesehen. Laut besagter Kärntner beginnen 41,9 Prozent der untersuchten Fälle ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis während der Zeit beim AMS und wechseln dann in eine vollversicherte Beschäftigung beim selben Unternehmen. Positiv formuliert: Die geringfügige Beschäftigung ist eine Einstiegsmöglichkeit.
Geringfügige Beschäftigungen werden häufiger von weiblich gelesenen Personen nachgefragt. 2024 arbeiteten im Durchschnitt 200.740 Frauen geringfügig (versus 133.131 nicht weiblich gelesene Personen). Dies hat u.a. einen Grund, da die Flexibilität der geringfügigen Beschäftigung sich leichter mit Care-Arbeit verbinden lässt, die mehrheitlich noch immer von Frauen geleistet wird.
Die Zuverdienstmöglichkeit während des Bezugs des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe kann ein Ansuchen um Aufstockung bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (bzw. Sozialhilfe) verhindern. In Wien war laut Studie gut jede fünfte Person (knapp 22 Prozent im Jahr 2022) mit einer AMS-Leistung berechtigt zusätzlich um die Mindestsicherung anzusuchen. Fällt die Zusatzverdienstmöglichkeit weg werden mehr Leute um eine Aufstockung durch die bedarfsorientierte Mindestsicherung ansuchen (müssen). Das WIFO sieht diesen Effekt in seiner Simulation nicht. Die Anzahl der „Aufstocker“*innen würde sich nicht verändern. Allerdings stammen die Simulationen aus dem Jahr 2021 – sprich vor den großen Inflationsschüben. Hier bedarf es also aus unserer Sicht einer neuen Simulation.
Die geringfügige Beschäftigung hat durchaus auch positive Effekte für arbeitssuchende Menschen, um Langzeitarbeitslosigkeit zu überbrücken, weiterhin in Arbeitsstrukturen verhaftet zu sein und die Möglichkeit zu haben am Arbeits- und am Sozialleben teilzuhaben. Gerade nach einem „Burn Out“ oder einer längeren (krankheitsbedingten) Abwesenheit aus dem Arbeitsleben, ist eine geringfügige Arbeit eine gute Möglichkeit der Reintegration in den Arbeitsprozess. Diese weichen Faktoren spielen natürlich auch eine positive Rolle, die bisher nicht besprochen wurde.
Zuletzt könnte ein Wegfall der Zuverdienstmöglichkeiten zu einem Mehr an Schwarzarbeit führen. Auch dieser Effekt wird vom WIFO gesehen. Gerade kleine Unternehmen sind oft auf geringfügige Arbeitskräfte anwiesen, da sie sich keine vollversicherungspflichtigen Mitarbeitenden leisten können (wollen). Außerdem entstehen den Unternehmen Kosten für Recruiting und Einarbeiten von neuen Mitarbeiter*innen, die jene ersetzen, die beim AMS gemeldet sind.
Eine „weitgehende“ oder komplette Streichung der Zuverdienstgrenzen zum AMS- oder Notstandshilfebezug könnte daher auch weitere negative Effekte haben.
Kommt das degressive Arbeitslosengeld?
Die Agenda Austria schlägt ein neues Modell für das Arbeitslosengeld vor, das sich in mehrere Phasen gliedert:
In der ersten Phase (Woche 1-17) würde das Arbeitslosengeld auf 65 Prozent des letzten Nettogehalts angehoben werden – eine deutliche Verbesserung gegenüber den aktuellen 55 Prozent. Dies soll Arbeitssuchenden mehr finanziellen Spielraum geben, um eine passende neue Stelle zu finden
Ab der 18. Woche würde der Satz auf das bisherige Niveau von 55 Prozent zurückgehen. Eine weitere Reduktion auf 45 Prozent des letzten Nettogehalts würde nach 35 Wochen Bezugsdauer erfolgen.
Nach zwei Jahren würde das Arbeitslosengeld komplett wegfallen. Betroffene hätten dann nur noch Anspruch auf Sozialhilfe, die das Existenzminimum sichern soll. Die Notstandshilfe würde in diesem System nicht mehr benötigt und damit auch die Problematik der Geringfügigkeitsgrenze beim gleichzeitigen Bezug von Arbeitslosengeld entfallen.
Das WIFO hat ein ähnliches Modell erarbeitet. Sie würden ebenfalls bei 65 Prozent starten und die Schritte kürzer setzen. Nach jeweils 8 Wochen würde das Arbeitslosengeld auf 55 Prozent des letzten Nettogehalts fallen, was dem jetzigen Stand entspricht, und nach weiteren 8 Wochen schließlich auf 50%. Zusätzlich würden es zu einer Intensivierung der Betreuung von Arbeitssuchenden kommen und nach einem gewissen Zeitraum würden die Zuverdienstmöglichkeiten für alle arbeitssuchend gemeldeten Personen wegfallen.
Allerdings wäre das degressive Modell mehr oder weniger budgetneutral und würde zu keiner Verbesserung des Budgets führen, was erklärt, warum die Streichung der Zuverdienstgrenzen zuerst gesetzt wird.
Zusammenfassung: Geplante Abschaffung des Zuverdienstes beim Arbeitslosengeld
Kernpunkte:
- Die ÖVP-FPÖ Koalitionsverhandlungen sehen eine „weitgehende“ Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosengeld und zur Notstandshilfe vor
- Erwartete Einsparung laut ÖVP: 82,5 Millionen Euro
- In den letzten Jahren waren etwa 11% der Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfebezieher*innen (ca. 25.000-35.000 Menschen) geringfügig beschäftigt
Aktuelle Situation:
- Gesamtzahl der geringfügig Beschäftigten in Österreich (12/2024): über 366.000 Menschen
- Aktuelle Zuverdienstgrenze: 551,10 Euro
- Deutlich höhere Nutzung durch Frauen (200.740) als durch Männer (133.131) (Stand 2024)
Zentrale Argumente der Befürworter*innen:
- Das „Sprungbrett“ geringfügiger Beschäftigung wird oft zur „Sackgasse“
- Vollzeitbeschäftigung bringt oft nur geringe Mehreinnahmen gegenüber Arbeitslosengeld plus Zuverdienst
- WIFO prognostiziert Reduktion der Arbeitslosenzahlen von -5 Prozent
Wichtige Gegenargumente:
- Erhöhtes Armutsrisiko für Betroffene
- Verlust einer Einstiegsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt (durch Studie belegt)
- Besondere Belastung für Frauen mit Care-Arbeit
- Negative Auswirkungen auf Langzeitarbeitslose (WIFO: +10.000 Personen bleiben länger arbeitslos)
- Mögliche Mehrbelastung der Mindestsicherung/Sozialhilfe
Mögliche weitere Pläne:
- Einführung eines degressiven Arbeitslosengeldmodells geplant (wird seit Jahren von der ÖVP und der Agenda Austria gefordert)
- Startend bei 65% des letzten Nettogehalts, schrittweise Reduzierung auf 45-50%
- Nach zwei Jahren Übergang in Sozialhilfe (Agenda Austria)