Konkrete Entgeltangabe statt „Geringfügigkeits-Trickserei“

Geringfügigkeit Entgelt

Das Thema „Geringfügigkeit“ lässt die JOBBERIE nicht los. In unserer Facebookgruppe werden immer wieder Jobs, die der Geringfügigkeit entsprechen (in Deutschland spricht man von Minijob) veröffentlicht. Stellvertretend möchte ich folgendes Originalinserat posten. Es wurde natürlich anonymisiert, da es uns nicht um das Unternehmen geht, sondern um das Beispiel an sich, das stellvertretend für viele andere steht.

Dazu ist zu sagen, dass eine „Entlohnung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen“ in Österreich schwierig ist. Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn (so wie in Deutschland). Die meisten Gehälter werden über Kollektivverträge bestimmt. Da passt der zweite Hinweis „Faire Bezahlung nach Kollektivvertrag“ schon eher zu den arbeitsrechtlichen Gegebenheiten. Der Kollektivvertrag ist ein Kompromiss, der von den Sozialpartner*innen jährlich neu verhandelt wird. Das Wort „fair“ ist in diesem Zusammenhang spannend.

Geringfügige Beschäftigung in Österreich

Eine geringfügige Beschäftigung in Österreich liegt vor, wenn das monatliche Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Im Jahr 2025 beträgt diese Grenze 551,10 Euro pro Monat.

Kollektivvertrag und Einstufung

  • Auch geringfügig Beschäftigte unterliegen dem jeweiligen Kollektivvertrag ihrer Branche
  • Die Einstufung erfolgt nach den gleichen Kriterien wie bei Vollzeitbeschäftigten (basierend auf Tätigkeiten, Qualifikation, Berufserfahrung)
  • Der Kollektivvertrag legt den Minimallohn fest, der nicht unterschritten werden darf (Stichwort „fair“).

Weitere Artikel zum Thema Einstufung, KV und Anmeldung von geringfügigen Menschen finden Sie weiter unten.

Wie erfolgt die Entgelteinstufung?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick in den passenden Kollektivvertrag werfen. Auskunft welcher Kollektivvertrag zum Tragen kommt, gibt u.a. die WKO (Branchenverzeichnis). In unserem konkreten Fall haben wir es mit einem Unternehmen aus dem Bereich „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung (Handwerk)“ zu tun. Den entsprechenden Kollektivvertrag kann man ebenfalls bei der WKO oder den zuständigen Gewerkschaften einsehen. Wichtig für die Einstufung sind ein paar Informationen. Sollte der KV nur das jeweilige Monatsgehalt ausweisen, brauchen wir die Wochenarbeitszeit, die in unserem Beispiel bei 40 Stunden liegt (in anderen KV’s sind es 38,5 oder sogar nur 37 Stunden wie in der Sozialwirtschaft). In unserem Fall können wir diesen Schritt umgehen, da der Kollektivvertrag Stundenlöhne ausweist.

Welche Lohngruppe trifft zu?

Hier haben wir das nächste Problem. Wir können davon ausgehen, dass sich das Inserat nicht an Fachkräfte mit einem Lehrabschluss wendet, da lediglich von „Erfahrung in der Reinigung“ gesprochen wird. Allerdings wäre wichtig zu wissen in welchem Bereich die zu tätigende Reinigung erfolgt. Die Reinigung von Wohnungen unterliegt einer anderen Lohngruppe als etwa jene von Senioren- und Pflegeeinrichtungen. Die Büroreinigung entspricht wieder einer anderen Lohngruppe. (siehe Lohngruppen). Gehen wir einmal von der Haushaltreinigung aus. Dann wären wir in der Lohngruppe 4. Hier liegt der Stundenlohn bei € 12,53.

Wieviel Geld bekommt man nun?

Wir gehen von einem Stundenlohn von € 12.53.- aus. Jetzt müssen wir den Wochenfaktor ausrechnen. Ein Jahr hat 52 Wochen, die sich auf 12 Monate aufteilen. 52 geteilt durch 12 ergibt 4,333… 8 Stunden Dienst in der Woche werden dann zu 34,66666666666667 Stunden pro Monat. Multiplizieren wir dies mit dem Stundenlohn von € 12.53.- ergibt dies einen Monatslohn von € 434,373.- Das wäre in unserem Fall das zu zahlende Mindestentgelt. Dabei wurde das Thema Zulagen, Diäten etc. noch gar nicht angeschaut. Diese sind sind je nach Arbeitsbedingungen auch zu berücksichtigen.

Wieso nicht gleich den Lohn angeben?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Allerdings ist es schwer verständlich, da die Unternehmen ja nicht einmal den tatsächlichen Lohn vorab ausrechnen müssen. Es muss auch nicht der Monatslohn ausgeschrieben werden. In unserem Fall würde ja die Angabe des Stundenlohnes reichen… Fest steht die Angabe der „Geringfügigkeit“ ist bestenfalls die Angabe einer Lohnobergrenze und der Hinweis darauf, dass es sich um ein spezielles Dienstverhältnis handelt, das einige Besonderheiten aufweist… Es ersetzt die Pflicht zur Gehaltsangabe nicht.

Wichtig zu beachten

Geringfügig Beschäftigte sind nicht automatisch kranken- und pensionsversichert. Lediglich die Unfallversicherung wird durch das Unternehmen bezahlt. Arbeitnehmer*innen können sich freiwillig in der Kranken- und Pensionsversicherung versichern…

Unternehmen, die verabsäumen – aus welchen Gründen auch immer – bei einer geringfügigen Beschäftigung das Mindestentgelt anzugeben, sollten sich das Gleichbehandlungsgesetz in Erinnerung rufen (§9, Absatz 2): „In der Stellenausschreibung ist jenes Entgelt anzugeben, das als Mindestgrundlage für die Arbeitsvertragsverhandlungen zur Vereinbarung des Entgelts dienen soll.“ Geringfügigkeit ist per se kein Entgelt.


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