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In Österreich sind Gehaltsangaben in Stellenangeboten bereits seit 2011 Pflicht. In vielen anderen Staaten der EU existiert eine derartige Pflicht nicht. Aber auch in Österreich wird dieses Gesetz nicht flächendeckend umgesetzt. Aufgrund vieler Jobangebote, die von der JOBBERIE gescreent wurden, gibt es starke Indizien dafür, dass in bestimmten Branchen (z.B. Gastronomie) aber auch in bestimmten Regionen des Landes (eher im Westen) eine klare Gehaltsangabe oft durch einen vagen Hinweis auf den Kollektivvertrag ersetzt wird. Das entspricht nicht dem Spirit des Gleichbehandlungsgesetztes. Diese Behauptung stützt sich auf die zahlreichen Jobangebote, die vor allem in unserer Facebook-Gruppe „Jobberie – Jobs und mehr“ aufgrund von fehlenden Angaben abgelehnt werden. Allerdings wäre eine detaillierte und systematische Studie, die dieses Thema genauer darstellt, ein wichtiger Beitrag.
Pflicht zu Gehaltsangaben kommt europaweit
Mittlerweile wird in mehreren EU-Ländern die Angabe von Gehältern oder Gehaltsspannen in Stellenangeboten gesetzlich vorgeschrieben. Diese Regelungen basieren auf der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz, die im Juni 2023 verabschiedet wurde. Besagte EU-Richtlinie, die durchaus positiv zu bewerten ist, weil sie auch innerhalb von Europa eine Vergleichbarkeit von Gehältern herstellt, ist in der österreichischen Öffentlichkeit nicht wirklich diskutiert worden. Dieser Umstand ist zu bedauern, da die EU-Richtlinie über die simple Ausweisung von Mindestgehältern hinausgeht.
Im Parlament verwies am 16. Mai 2024 die SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner in einem Redebeitrag zum Entschließungsantrag für eine Datenverbesserung bei Einkommenserhebungen des Rechnungshofs auf die Richtlinie. Ich zitiere aus dem parlamentarischen Protokoll:
Warum betone ich das so? – Wenn Frauen nämlich bereits am Arbeitsbeginn, am Beginn ihres aktiven Erwerbslebens weniger verdienen, ist die Gefahr sehr hoch, dass sich diese Spirale fortsetzt, dass sie nie mit ihren männlichen Kollegen gleichziehen, weil sie es unter Umständen gar nicht wissen, weil sie Teilzeit arbeiten. Wie wirkt sich das in der Pension aus? – Dort wirkt es sich besonders fatal aus.
Dazu haben wir Zahlen und Fakten von der europäischen Ebene: Der Genderpaygap liegt dort bei 13 Prozent, was das aktive Erwerbsleben betrifft. Wie schaut das in der Pension aus? – Das ist eine dramatische Zahl, da liegen die Unterschiede bei bis zu 30 Prozent. Frauen erhalten bis zu 30 Prozent weniger Pension.
Was heißt das? – Das heißt: Kämpfen für Lohntransparenz. Da möchte ich unseren sozialdemokratischen Kolleg:innen auf europäischer Ebene wirklich eine herzliche Gratulation aussprechen, die haben vehement für gerechte Entlohnung und für Lohntransparenz gekämpft und erreicht, dass im April 2023, also vor mehr als einem Jahr, die entsprechende Richtlinie im Europäischen Parlament verabschiedet wurde. (Beifall bei der SPÖ.) (…)
Was heißt das für Österreich? – Das heißt für die österreichische Bundesregierung: Bitte umsetzen! Wie schaut es damit aus? – Leider nicht erfreulich: Die österreichische Bundesregierung hat bis jetzt keine Vorlage in dieses Haus gebracht, dass die Lohntransparenz auch auf nationaler Ebene umgesetzt wird, und das finde ich sehr bedauerlich. Mein flammender Appell an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen: Bitte nehmen Sie Einfluss auf Ihre Bundesregierungsmitglieder, es ist höchste Zeit für Lohntransparenz! (Beifall bei der SPÖ.)
Gemäß den neuen Vorschriften müssen EU-Unternehmen Informationen über die von ihnen gezahlten Löhne veröffentlichen und Maßnahmen ergreifen, wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle 5 % übersteigt. Fakt ist: Die EU-Mitgliedsstaaten haben bis 2026 Zeit, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Länder mit bestehenden Gesetzen
Einige EU-Länder haben bereits vor der EU-Richtlinie entsprechende Gesetze eingeführt, die jedoch unterschiedlich ausgeprägt und auch unterschiedlich gelebt werden.
- Österreich: Hier müssen Arbeitgeber*innen bereits seit 2011 in Stellenanzeigen das kollektivvertragliche Mindestentgelt angeben und auf die Bereitschaft zur Überzahlung hinweisen. Dies wurde durch das Gleichbehandlungsgesetz geregelt. Auch eine Berichtspflicht für Unternehmen gibt es (siehe weiter unten).
- Lettland: Seit 2019 müssen Arbeitgeber*innen die Gehaltsspanne für eine Position in Stellenanzeigen angeben.
- Schweden: Das skandinavische Land hat einen umfangreichen 388-seitigen Bericht vorgelegt wie die Richtlinie im nationalen Recht umgesetzt werden kann. Schweden war in Bezug auf Lohngleichheit bereits fortschrittlich, da einige der in der Richtlinie festgelegten Bestimmungen bereits in der nationalen Gesetzgebung verankert waren.
- Finnland: Seit 2006 gibt es ein Gesetz zur verpflichtenden Gehaltsüberprüfung. Unternehmen mit 30 oder mehr Beschäftigten müssen alle zwei bis drei Jahre überprüfen, wie Männer und Frauen in gleichwertigen Tätigkeiten bezahlt werden.
- Frankreich ist die Angabe des Gehalts in Stellenausschreibungen seit 2019 verpflichtend.
- Deutschland: Auch in Deutschland gibt es seit 2017 ein sogenanntes Entgelttransparenzgesetz, das einen individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftigte in Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten festlegt. Unternehmen mit 500 Beschäftigten müssen ihre Entgeltstrukturen überprüfen und haben eine entsprechende Berichtspflicht. Eine Ausweisung des Mindestgehalts in Stellenangeboten ist jedoch keine Pflicht.
Island – ein Role Model für die EU-Länder
Island hat ein fortschrittliches System zur Lohntransparenz implementiert:
- Seit 2018 ist ein Equal Pay Act in Kraft.
- Firmen ab 25 Mitarbeitern müssen nachweisen, dass sie für gleichwertige Arbeit gleich bezahlen.
- Alle drei Jahre müssen Unternehmen ein Zertifikat erwerben, das dies bestätigt.
- Seit 2022 drohen Unternehmen, die den Gender Pay Gap nicht geschlossen haben, tägliche Geldstrafen.
Was beinhaltet die Richtlinie?
Sobald die Richtlinie vollständig umgesetzt ist, werden Arbeitgeber*innen in allen EU-Ländern verpflichtet sein, folgende Punkte einzuhalten:
- Das Einstiegsentgelt oder die Entgeltspanne muss für die ausgeschriebene Stelle in Stellenausschreibungen oder vor dem Vorstellungsgespräch angegeben werden
- Bewerber*innen dürfen nicht mehr nach früheren Entgelten gefragt zu werden.
- Arbeitnehmer*innen dürfen die durchschnittliche Entgelthöhe – aufgeschlüsselt nach Geschlecht – für die Gruppe von Arbeitnehmer*innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie selbst verrichten, erfragen.
- Weiters müssen Arbeitnehmer*innen über jene Kriterien, die zur Bestimmung des Entgelts und der Laufbahnentwicklung herangezogen werden, informiert werden. Diese Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein.
- Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten müssen der zuständigen nationalen Behörde jährlich über das geschlechtsspezifische Lohngefälle in ihrer Organisation Bericht erstatten.
- Für kleinere Organisationen gilt die Berichtspflicht nur alle drei Jahre. Für Organisationen mit weniger als 100 Beschäftigten besteht keine Berichtspflicht. Dies würde auch eine Verschärfung des österreichischen Rechts bedeuten. In Österreich müssen Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitnehmer*innen alle zwei Jahre einen Einkommensbericht erstellen. Dieser Bericht muss im 1. Quartal des auf das Berichtsjahr folgenden Kalenderjahres erstellt werden. Unternehmen in der Arbeitskräfteüberlassung müssen darüber hinaus weitgehende Daten über die überlassenen Kräfte sammeln und an die Statistik Austria übermitteln (Siehe: AKÜ-Gesetz § 13)
- Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen im Bereich Lohndiskriminierung ist eine Beweislastumkehr vorgesehen. Die Arbeitgeber*innen werden in die Pflicht genommen, nachzuweisen, dass sie nicht gegen die EU-Vorschriften über gleiches Entgelt und Lohntransparenz verstoßen haben. Die Sanktionen bei Verstößen – einschließlich Geldbußen – müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
- Auch werden die Maßnahmen gegen Lohndiskriminierung nicht nur die Kategorie Geschlecht, sondern auch die Faktoren Alter, ethnische Zugehörigkeit und Sexualität beinhalten.
Es bleibt auch in Österreich noch einiges zu tun
Also auch in Österreich wären – trotz Vorbildfunktion – noch einige gesetzliche Anpassungen notwendig. Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Details der Umsetzung von Land zu Land variieren können, da die EU-Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum bei der Implementierung der Richtlinie haben. Die vollständige Umsetzung in allen EU-Ländern wird voraussichtlich bis 2026 abgeschlossen sein.