Headhunting und Wirtschaftspsychologie: Die perfekte Kombination für erfolgreiches Recruiting

Headhunting Wirtschaftspsychologie

Der klassische Begriff des Headhuntings verschwindet zusehends (Quelle). Das liegt vermutlich an einem deutschen Begriff, der zunächst wie eine Übersetzung klingt, jedoch ein „falscher Freund“ ist; der „Kopfgeldjäger“ oder die „Kopfgeldjägerin“ entspricht dem englischen Wort „Bounty Hunter“ – und hat nichts mit dem eingebürgerten englischen Begriff des „Headhunter“ zu tun. Der „Bounty Hunter“ oder „Kopfgeldjäger*in“ ist tatsächlich jener eigentümliche Berufsstand, der sich an die Fersen (geflohener) Krimineller haftet, um diese wieder in Gewahrsam zu bringen oder Hinweise zur Ergreifung zu liefern.

Der „HEAD“hunter hat damit nichts zu tun. Der/die „KOPF“jäger*in ist eher ein*e Personalabwerber*in. Daher treten in letzter Zeit Begriffe wie Talent-Agent oder HR-Research (ein Begriff, den ich selbst für mich verwende) auf. Alternativ stelle ich mich als Recruiter vor – das ist einfach und unkompliziert – so zumindest mein Erfahrungswert in der Kandidat*innenansprache.

„Headhunter*innen“ im Personalbereich sind also spezialisierte Personalvermittler*innen oder Personalberater*innen, die gezielt nach hochqualifizierten Fach- und Führungskräften suchen. Ihre Aufgabe ist es Kandidat*innen zu finden, die für den jeweiligen Bedarf ihres Auftraggebers perfekt geeignet sind und diese gezielt abzuwerben.

Kenntnisse aus dem Bereich der Wirtschaftspsychologie sind – wie der Wiener Bürgermeister sagen würde – „von daher“ ein wertvolles Tool für jene, die in dieser speziellen Form der Personalgewinnung arbeiten.

Die Rolle der Wirtschaftspsychologie im Headhunting

Die Wirtschaftspsychologie liefert dem HR-Research / Headhunting wertvolle Werkzeuge und Methoden, um:

  • umfangreiche Kandidatenprofile zu erstellen, die über die Hard Facts und den einfachen Lebenslauf hinausgehen: Ein wirtschaftspsychologisch geschulter Blick hilft detaillierte Profile der vorzustellenden Kandidat*innen zu erstellen. Diese Profile umfassen nicht nur fachliche Qualifikationen, sondern auch persönliche Merkmale, Werte und Verhaltensweisen, die für den Erfolg in der jeweiligen Position relevant sind.
  • Vorurteile aufzuzeigen und Bias-Entscheidungen zu vermeiden. Der berühmte Blick von außen ist wichtig um betriebsinterne Vorurteile und einen gewissen Tunnelblick zu umgehen. Wirtschaftspsychologische Aspekte im Headhunting wissen um Vorurteile. Personalberater*innen haben die Möglichkeit gezielt Kandidat*innen in den Auswahlprozess einfließen zu lassen, die von den Anforderungen des Auftraggebers oder der Auftraggeberin abweichen. Hier kann das Kontrastprinzip (vergleiche hierzu Robert Cialdini) eine wichtige Rolle spielen (siehe auch Video weiter unten).
  • Die Art der Ansprache und des Zugangs zu potenziellen Kandidat*innen zu optimieren: Die Wirtschaftspsychologie liefert interessante Hinweise zum Verhalten potenzieller Kandidat*innen. Wo und wie erreiche ich die Kandidat*innen? Wie finde ich Anknüpfungspunkte und baue eine Beziehung auf? Wie erreiche ich Comitment bei Kandidat*innen?
  • Nachhaltige Empfehlungen durch Vergleichbarkeit zu geben: Wirtschaftspsychologische Testverfahren und Interviewtechniken ermöglichen es dem HR-Research, potenziellen Kandidat*innen umfassend zu beurteilen. Standardisierte Fragebögen, Persönlichkeitstests, Wertematrix und die Erfragung der Wechselmotivationen sind einige Tools, die zum Einsatz kommen.

Vorteile von Headhunting generell

Fundiertes Headhunting bietet einige entscheidende Vorteile:

  • Langfristig weniger Recruitierungs- und Einschulungskosten: Durch die fundierte Beurteilung der Kandidat*innen und die Auswahl der besten Talente sinkt die Fluktuationsrate und die vermeintlichen Kosten für einen intensiven Suchprozess amortisieren sich. Anders formuliert: Investitionen in eine externe Personalberatung mit eigenem HR-Research, ein entsprechendes Recruiting und Onboarding bringen bessere und dauerhafte Ergebnisse. Die Kosten eines externen (oder internen) HR-Researchs sind deutlich höher als jene von CV-Broker*innen oder der reinen Kandidat*innensuche via Inserat. Aber diese Kosten sind ein Investment, das sich bezahlt macht.
  • Schlanker Bewerbungsprozess mit potenziell passenden Kandidat*innen: Die aktive Ansprache von Kandidat*innen und der Verzicht auf ein Wald-und Wiesen-Inserat macht den Prozess schlank und effizienter. Auch dies führt zu Einsparungen, weil hausinterne Ressourcen nicht belastet werden.
  • Gesteigerte Mitarbeiter*innenzufriedenheit: Mitarbeiter*innen, die zum Unternehmen passen und die sich in ihrer Rolle und ihrem Unternehmen wohlfühlen, sind motivierter, produktiver und zufriedener. Dies führt zu einem positiven Arbeitsklima und einer höheren Bindung an das Unternehmen. Und das ist der Return-On-Investment für mehr Kosten beim Recruiting.
  • Stärkung der Unternehmensmarke: Ein erfolgreiches Headhunting, das auf den Prinzipien der Wirtschaftspsychologie basiert, trägt zur Stärkung der Marke bei und macht das Unternehmen für Top-Talente attraktiver. Hier tritt auch ein psychologischer Effekt ein. Ein transparenter guter Prozess spricht sich bei Bewerber*innen herum und hat meistens einen positiven Effekt.

Fazit, einige Tipps und Hinweise zu möglichen Gefahren:

Als Fazit kann gesagt werden, dass Headhunting und Wirtschaftspsychologie eine starke Kombination für erfolgreiches Recruiting bilden. Die primären Kosten erscheinen zwar hoch, sind aber mittel- und langfristig absolut zu rechtfertigen.

Weitere wirtschaftspsychologische Aspekte und Gefahren im Headhunting finden Sie im folgenden Film. Themen sind: Bias, Wechselmotivation, Blenderkarrieren. Aber auch Urteilsfehler von Headhunter*innen werden besprochen… Weitere Themen sind: die teilweise geringe Auswahl an Kandidat*innen und die oftmals fehlende Eignungsdiagnostik. Auch das Thema Diversity wird anhand weniger Studien bearbeitet.

Professor Uwe Kanning, der durch den Beitrag führt, ist Jahrgang 1966, habilitierte sich im Fach Psychologie. Er arbeitete in einer universitätseigenen Unternehmensberatung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 2009 wurde er zum Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück berufen.

Wie funktioniert Headhunting (besser)? ’15 Minuten Wirtschaftspsychologie‘ Prof. Dr. Kanning

Last but not least: 3 Tipps für besseres Headhunting:

  • Erweiterter Pool an Kandidat*innen – um bessere Entscheidungen zu treffen
  • Kandidat*innen, die einem tieferen Managementlevel entsprechen und die in eine Rolle hineinwachsen mit einbeziehen
  • Hochvalide Auswahlverfahren und Diagnostik einsetzen

Weiterführende Lektüre:

https://wirtschaftspsychologie-aktuell.de/recruiting

https://www.haufe.de/personal/hr-management/kolumne-psychologie-wie-wirkungsvoll-ist-headhunting_80_285356.html

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HR-Research, Blogger aus Wien
HR-Passionate

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