Arbeitsmarktdaten Juni 2025: Zwischen Arbeitskräftemangel und steigender Arbeitslosigkeit

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Mit 30. Juni endet das zweite Quartal. Traditionell erscheinen am 1. des jeweiligen Monats die aktuellen Arbeitsmarktdaten und etliche Presseaussendungen zum Thema. Die Jobberie – Jobs und mehr fasst die wichtigsten Zahlen, Fakten und Interpretationen zusammen.

Fest steht: Der österreichische Arbeitsmarkt zeigt sich im Juni 2025 von einer paradoxen Seite: Während über 160.000 Stellen (Stellenmonitor Wirtschaftsbund) unbesetzt bleiben, steigt gleichzeitig die Arbeitslosigkeit auf fast 290.000 Personen (laut AMS). Diese scheinbar widersprüchliche Entwicklung spiegelt tieferliegende Herausforderungen wider, die sowohl Arbeitgeber:innen als auch Arbeitssuchende vor neue Aufgaben stellen.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache

Die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeichnen ein gemischtes Bild: 162.938 offene Stellen (laut Wirtschaftsbund, beim AMS sind es 84.357 gemeldete Stellen) stehen 288.500 arbeitslosen Personen gegenüber – ein Anstieg um 24.500 Personen oder 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Register-Arbeitslosenquote kletterte auf 6,8 Prozent, was einem Anstieg von 0,5 Prozentpunkten entspricht.

Die Arbeitssuchenden finden sich quer durch die Bevölkerungsgruppen: Die Arbeitslosigkeit von Frauen stieg um 11,3 Prozent, bei Männern um 7,7 Prozent. Jugendliche trifft es mit einem Anstieg von 11,2 Prozent überdurchschnittlich hart. Alarmierend ist auch die Entwicklung bei den Lehrstellensuchenden: Ihre Zahl schnellte um 39,7 Prozent oder 2.500 Personen nach oben.

Laut WIFO wird die Arbeitslosigkeit im Jahresschnitt 2025 noch um +22.000 gegenüber 2024 ansteigen. Erst im Jahr 2026 ist ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit erwartbar.

Arbeitsmarktdaten Juni 2025

Regionale Unterschiede zeigen sich deutlich

Die Situation variiert stark zwischen den Bundesländern. Während Oberösterreich mit einer Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent nach Tirol (3,7 Prozent) und Salzburg (3,8 Prozent) den dritten Platz belegt, liegt Wien deutlich über dem Bundesdurchschnitt. In der Bundeshauptstadt stieg die Zahl der arbeitslosen Personen um 7,8 Prozent auf 120.123, die der AMS-Kund:innen in Schulung um 1,3 Prozent auf 35.903.

„Diese Rankings sind volkswirtschaftlich nicht unwichtig – für jene, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, bedeuten sie jedoch wenig Trost“, betont Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer die menschliche Dimension hinter den Statistiken.

Das Paradox der älteren Arbeitskräfte

Außerst paradoxe Enwicklungen sind vor allem bei der Gruppe der älteren Arbeitsnehmer:innen / Arbeitssuchenden zu sehen. AMS-Vorstand Johannes Kopf bringt im Ö1-Mittagsjournal die besonders problematische Entwicklung auf den Punkt: „Wenn dann diese Menschen doch ihren Job verlieren, […] dann sehen wir, dass ältere große Schwierigkeiten haben, wieder reinzukommen.“ Dieser „Insider-Outsider-Effekt“ führt zu einem paradoxen Phänomen: „In den Betrieben sind ältere oftmals gefragte Fachkräfte, Führungskräfte, geschätzte Kollegen auch sozial verbunden. Wenn sie aber den Job verlieren, sind sie plötzlich irgendwie im Sinne eines Instant-Agings alt.“

Die Zahl der über 50-Jährigen, die arbeitslos oder in Schulung sind, stieg in Wien um 7,9 Prozent – ein deutliches Zeichen für die strukturellen Probleme dieser Altersgruppe am Arbeitsmarkt.

Verschiedene Branchen unter Druck

Verschiedene Wirtschaftszweige zeigen unterschiedliche Entwicklungen. In Wien stieg die Arbeitslosigkeit im Bau um 1,2 Prozent, in der Warenproduktion um 10,2 Prozent, im Einzelhandel um 8,6 Prozent und in Hotellerie und Gastronomie um 9,6 Prozent.

Gleichzeitig verzeichnen die infrastrukturell wichtigen Bereiche Handel, Logistik und Verkehr mit 27.195 ausgeschriebenen Stellen hohe Bedarfe. „Die Stellen sind da, die Leute leider nicht und hierbei wird schon lange nicht mehr nach dem perfekten Lebenslauf gesucht, sondern nach jemandem der überhaupt auftaucht“, fasst Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger die Situation zusammen.

Green Jobs als Hoffnungsträger in Wien

Ein Lichtblick zeigt sich im Bereich der nachhaltigen Arbeitsplätze. „Wir stellen fest, dass Jobs in den Bereichen Klimaschutz und Nachhaltigkeit immer wichtiger werden und das Thema nicht nur unternehmensseitig, sondern auch bei Arbeitskräften stärker ins Bewusstsein gerückt ist“, erklärt AMS-Wien-Vizechefin Katharina Luger.

Die Zahlen untermauern diesen Trend: Im Mai 2025 gaben 1.979 Wiener:innen einen Berufswunsch im Bereich der Green Jobs an – 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Von Jänner bis Mai vermittelte das AMS Wien 5.950 Green Jobs, sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Darunter waren fast 1.000 Kälteanlagentechniker:innen, 300 Fahrradmechaniker:innen und ebenso viele Bauwerksabdichtungstechniker:innen sowie 90 Energieberater:innen.

Massive Investitionen in Qualifizierung

Die Politik verspricht verstärkte Investitionen in die Qualifizierung. Der AMS-Verwaltungsrat hat beschlossen, das Förderbudget 2025 um 40 Millionen Euro anzuheben. Das AMS Wien bietet mittlerweile mehr als 1.000 Ausbildungsplätze in Bereichen wie Installations- und Gebäudetechnik, Elektroinstallationstechnik, Kälteanlagentechnik oder Fahrradmechatronik an.

Oberösterreich geht mit seinem Programm „upperWORK 2025“ einen ähnlichen Weg. „Da aber schon jetzt absehbar ist, dass aufgrund der demografischen Entwicklung bereits in fünf Jahren mehr als 80.000 Fachkräfte in Oberösterreich fehlen werden, setzen wir auch bei upperWORK 2025 einen klaren Fokus auf Qualifizierung. Dafür stehen alleine heuer 385 Mio. Euro zur Verfügung“, betont Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen bleiben schwierig

Die Arbeitsmarktprobleme sind eng mit der wirtschaftlichen Gesamtsituation verknüpft. Österreich befindet sich im dritten Jahr einer wirtschaftlichen Rezession beziehungsweise Stagnation. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte 2023 und 2024 real um jeweils ein Prozent. Für 2025 prognostiziert das WIFO ein Null-Wachstum, das IHS rechnet mit minimal 0,1 Prozent.

Die Langzeitarbeitslosigkeit entwickelt sich besonders problematisch: Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen mit mindestens einem Jahr AMS-Vormerkung stieg auf 92.400 Personen – ein Anstieg von 12,6 Prozent.

Forderungen der Wirtschaft

Die Betriebe sehen sich unter massivem Druck. „Unsere Forderungen nach Lohnnebenkostensenkungen, Attraktivierung von Arbeiten im Alter sowie Steuer- und Abgabenfreiem Trinkgeld für unsere Mitarbeiter:innen sind daher keine Wunschlisten, sondern Hilferufe unserer Betriebe“, so der Nationalratsabgeordnete Kurt Egger vom Wirtschaftsbund. „Österreich leidet unter einem dramatischen Arbeitskräftemangel – aber ebenso unter einem Mangel an Flexibilität, Mut und manchmal schlicht am ökonomischen Hausverstand.“

Vorsichtiger Optimismus für 2026

Trotz der aktuell schwierigen Lage zeigt sich AMS-Vorstand Johannes Kopf vorsichtig optimistisch: „Nächstes Jahr soll die Wirtschaft wieder wachsen, zumindest über ein Prozent. Und verbunden mit der demografischen Entwicklung und Arbeitszeitreduktion müsste nächstes Jahr auch die Arbeitslosigkeit wieder sinken.“

Das WIFO prognostiziert, dass die Arbeitslosigkeit 2025 noch um weitere 22.000 Personen ansteigen wird. Erst 2026 ist ein leichter Rückgang erwartbar, obwohl für 2025 ein minimaler Beschäftigungszuwachs von 5.500 Personen erwartet wird.

Fazit: Strukturwandel erfordert neue Ansätze

Die aktuelle Arbeitsmarktsituation zeigt deutlich, dass traditionelle Lösungsansätze nicht mehr ausreichen. Die Gleichzeitigkeit von Fachkräftemangel und steigender Arbeitslosigkeit erfordert differenzierte Strategien, die sowohl die Qualifizierung von Arbeitssuchenden als auch die Unterstützung von Betrieben umfassen.

Besonders die Diskriminierung älterer Arbeitskräfte und die wachsende Bedeutung nachhaltiger Arbeitsplätze werden die Arbeitsmarktpolitik der kommenden Jahre prägen. Die massiven Investitionen in Qualifizierung und die Fokussierung auf zukunftsträchtige Bereiche wie Green Jobs zeigen bereits heute den Weg in eine neue Arbeitswelt auf.


Quellen:

  • Dr. Johannes Kopf im Ö1 Mittagsjournal vom 01. Juli 2025
  • AMS Wien: Presseaussendung „Das AMS Wien bietet mehr als 1000 Ausbildungsplätze im Bereich der sogenannten Green Jobs an“, 01.07.2025
  • Land Oberösterreich: Presseaussendung „LH Stelzer/LR Achleitner: Arbeitsmarkt in OÖ weiterhin unter Druck – Entschlossen gegensteuern“, 01.07.2025
  • Wirtschaftsbund Österreich: Presseaussendung „WB warnt: Arbeitskräftemangel setzt Standort und Wohlstand unter Druck“, 01.07.2025
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales/AMS: Presseaussendung „Situation am Arbeitsmarkt erfordert mehr aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen“, 01.07.2025
  • WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung): Wirtschaftsprognose Juni 2025
  • IHS (Institut für Höhere Studien): Wirtschaftsprognose 2025

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