Zu viel „Plastik“ in Stellenangeboten

Wir kennen sie. Wir lieben sie. Wir nutzen sie. Die Rede ist von den sogenannten Plasktikwörtern. Wenn Sie nun entrüstet abstreiten, dass Sie ein Fan von Plastikwörtern sind, dann machen wir einen kleinen Test.

Alle nutzen Plastikwörter

Nehmen Sie sich ein Stellenangebot, das Sie selbst geschrieben haben. Suchen Sie nach Wörtern wie „Teamfähigeit“, „Flexibilität“, „Einsatzbereitschaft“ etc.  Gratuliere: Sie haben den ersten Preis im Plastikwörterspiel gewonnen.

Was sind nun Plastikwörter?

Der Begriff wurde von Uwe Pörksen entwickelt und ist „ein oft verwendeter, aber inhaltlich sehr schillernder Ausdruck, der (…)  hochgeschätzte, abstrakte Dinge benennt und als solcher in der Linguistik der Werbesprache eine Rolle spielt. Es handelt sich dabei um Wörter, die in fachsprachlichen Zusammenhängen oft eine ganz klare Bedeutung haben, diese in anderen (zum Beispiel alltags- oder werbesprachlichen) Zusammenhängen aber vermissen lassen.“ (Quelle: www.wortbededeutung.info). Ein gern genanntes Beispiel sind Begriffe, wie „Struktur“ und „System“. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich um Fachbegriffe, die einen spezifischen Sinn haben. Diese Fachbegriffe werden so oft genutzt, dass sie komplett sinnentleert werden. Man könnte auch folgende Definition anwenden:

Plastikwörter, Substantive, die im Gespräch primär dazu genutzt werden, um Eindruck zu schinden und einen Prestigegewinn zu erzielen und nicht um damit inhaltlich etwas auszudrücken.“ (Kleines linguistisches Wörterbuch der Mediensprache)

Noch ein paar Beispiele? Aber gerne doch. Kommunikation bedeutet in unterschiedlichen  Fachbereichen jeweils etwas ganz anderes. Ein/e Kommunikationstechniker/in muss nicht unbedingt über rhetorische Fähigkeiten verfügen, um seinen/ihren Beruf auszuüben. Demokratie ist auch so ein Wort. Die Kim-Familie aus Nordkorea versteht unter „Demokratie“ sicherlich etwas anderes, als der Aufsichtsratsvorsitzende bei einer Hauptversammlung der Aktionär*innen. Und so sind die Begriffe, die wir in Stellenangeboten einsetzen, auf dem besten Wege „Plastikwörter“ zu werden, wenn sie es nicht schon längst geworden sind.

Vermeiden Sie Plastikwörter

Suchen Sie andere sprachliche Begebenheiten/Kontexte oder gehen Sie auf den Ursprung des Wortes zurück…

  • Was bedeutet Teamfähigkeit? Suchen Sie jemanden, der gerne im Team arbeitet und der gut mit anderen Kolleg*innen auskommt oder suchen Sie jemanden, der sich dem Team, der Abteilung und dem Unternehmen unterordnet?
  • Was ist eine „humorvolle Persönlichkeit“? Jemand der gerne lacht oder jemand, der die Dinge mit „Humor“ nimmt – sprich die Reizbarkeit von einem Feuerwehrhydranten besitzt…
  • Wie sieht es mit der „Flexibilität“ aus, wenn das Wort aus dem Latein stammt und soviel wie flechten und (ver)biegen bedeutet?

Diese Plastikwörter beziehen sich in den meisten Fällen auf die sogenannten „Soft Skills“ – also die „weichen Fähigkeiten“. Gemeint sind die persönlichen Einstellungen, Werte und Haltungen. Der Begriff „Charakter“ ist etwas außer Mode geraten. Aber im Wesentlichen passt er. Die Stellenangebote listen diese Eigenschaften meist auf. Ich habe den Eindruck, dass viele dieser Begriffe innerhalb der Textsorten „Stellenangebote“ und „Bewerbungsschreiben“ eine Art Eigenleben führen und durch „Copy&Paste“ sich viral verbreiten.

Weg vom „Nominalstil“ – hin zum Satz!

Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass die meisten Bewerber*innen diese Platikbegriffe überlesen. Daher sollten Sie wieder konkretet werden. Machen Sie den Test und probieren Sie es aus?

  • Statt „Teamfähigkeit“ – „Sie arbeiten in einer Partie von 5 Leuten, die alles dem Erfolg unterordnet…“
  • Statt „Flexibilität“ – Bereitschaft zu unregelmäßigen Arbeitszeiten zu arbeiten
  • Statt „Organisationstalent“ – „Sie halten unserem Abteilungsleiter den Rücken frei“ 
  • Statt „Kundenorientierung“ – „Sie gehen auf unsere Kunden proaktiv zu…“

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