Arbeitsmarkt zwischen Stagnation und vorsichtiger Hoffnung

Johannes Kopf Arbeitsmarkt Einschätzung November 2025

AMS-Chef Johannes Kopf im Ö1 Mittagsjournal


1. Dezember 2025 – Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), präsentierte heute die Arbeitslosenzahlen für November und sprach im Ö1 Mittagsjournal im Interview mit Franz Renner über die aktuelle Lage und Perspektiven am österreichischen Arbeitsmarkt.

Johannes Kopf über die wirtschaftliche Erholung 2025

Die Prognosen für das kommende Jahr fallen ernüchternd aus. Kopf formulierte es bei der Präsentation der Novemberzahlen diplomatisch: „Erste Hinweise auf die angekündigte Erholung sind zwar mit viel gutem Willen unter der Lupe bereits erkennbar, aber noch so gering, dass sie eher auf eine überschaubare Belebung als auf kräftiges Wirtschaftswachstum hindeuten.“

Auf die Frage, ob das Jahr 2025 schlecht war und 2026 nicht besser werde, antwortete Kopf deutlich: „Nächstes Jahr wird so minimal besser, dass es keinen Grund gibt, den Optimismus zu übertreiben.“ Während WIFO und IHS minimal sinkende Arbeitslosenzahlen um einige Tausend voraussagen, geht die AMS-eigene Prognose von einem Gleichbleiben der Arbeitslosigkeit aus. Kopf resümierte: „Es ist so wenig, dass es mehr Glück ist als tatsächlich konjunkturelle Erholung.“

Johannes Kopf über die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen

Die Arbeitslosigkeit bewegt sich bedrohlich nahe an der 400.000er-Marke – im November fehlten nur mehr einige hundert Personen. Traditionell erreicht die Arbeitslosigkeit Ende Januar ihren Höhepunkt, ganz selten erst im Februar, wenn Tiefschnee auch im Tal den Baubeginn verhindert. Für Ende Januar prognostiziert Kopf über 450.000 Arbeitslose, allein aufgrund des saisonalen Verlaufs.

Johannes Kopf über den überraschenden Anstieg im Gesundheits- und Sozialwesen

Besonders auffällig in den aktuellen Daten ist der kräftige Zuwachs an Arbeitslosen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen – ein Bereich, in dem doch angeblich händeringend Personal gesucht wird. Kopf räumte ein, dass dies verwirrend sei, und verwies auf ein AMS-Spezialthema, das vor einigen Monaten zu diesem Bereich herausgebracht wurde.

Die Erklärung: Es gibt eine Reihe von Umkodierungen, bei denen Beschäftigte, die bisher im öffentlichen Bereich im Gesundheits- und Pflegesektor arbeiteten, durch Auslagerung von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern nun dem Pflegesektor zugerechnet werden. Zudem steigt die Beschäftigung in diesem Bereich generell stark an, und mehr Beschäftigte bedeuten auch mehr Arbeitslose, da Arbeitslosigkeit auch beim Jobwechsel entsteht.

Die Arbeitslosenquote im Pflegebereich liegt aktuell bei 4 Prozent, während die allgemeine Quote über 7 Prozent beträgt. Kopfs Fazit: „Pflege ist und bleibt eine Zukunftsbranche, die Zahlen aktuell besorgen mich nicht.“ Der Großteil des Zuwachses sei statistisch erklärbar, ein kleiner Teil konjunkturell bedingt, da auch die öffentliche Hand sparen müsse.

Arbeitsmarktdaten Österreich November 2025

Johannes Kopf über saisonale Arbeitslosigkeit im Bau und Tourismus

In einem Interview mit dem Kurier hatte Kopf angedeutet, dass in der Bauwirtschaft Beschäftigte zu oft auf Kosten der Allgemeinheit beim AMS zwischengeparkt würden. Er könne sich vorstellen, die Schraube anzuziehen und zwei Wochen lang kein Arbeitslosengeld auszuzahlen.

Kopf stellte klar, dass dies ein alter Vorschlag von ihm sei. Im gleichen Interview habe er auch vorgeschlagen, über höhere Beiträge in jenen Branchen nachzudenken, die die Arbeitslosigkeit stärker beanspruchen als andere – eine Idee, die Sozialministerin Korinna Schumann nicht bevorzuge. Betroffen seien nicht nur der Bau, sondern auch der Tourismus.

Auf die Frage, was ein Staat gegen steigende Arbeitslosigkeit tun könne – unter der Annahme, dass kein Geld verfügbar sei – nannte Kopf drei Bereiche:

  1. Die Verteilung der Geflüchteten
  2. Die Lösung gewisser Inaktivitätsfallen im Sozialsystem
  3. Die Bekämpfung kurzfristiger Arbeitslosigkeit

Den Bau erwähnte er dabei lobend, da er sich bereits deutlich gebessert habe.

Im Tourismus hingegen gebe es eine nicht kleine Zahl an Arbeitslosen, die nach Ende der Weihnachtsferien (nach dem 6. Jänner) zum AMS kommen und zu Beginn der Semesterferien wieder arbeiten – also nur wenige Wochen arbeitslos sind. Hier könne man diskutieren, ob es Möglichkeiten gebe, diese kurzfristige Arbeitslosigkeit unattraktiver zu machen.

Während Kopf eher zu Sanktionsdrohungen tendiere, sei die Sozialministerin eine Vertreterin der Anreizschule, merkte er an. Das sei auch gut – sei aber eine reine Geldfrage.

Johannes Kopf über Langzeitarbeitslosigkeit und die Aktion 55plus

Allen Prognosen zufolge wird auch die Langzeitarbeitslosigkeit bei Älteren ansteigen. Mit Anfang des Jahres 2025 startet die im Regierungsprogramm vereinbarte Aktion 55plus. Das AMS konzentriert seine Bemühungen für ältere Arbeitslose durch zwei Maßnahmen:

Erstens gibt es großzügigere Lohnzuschüsse für Betriebe, die Menschen über 55 einstellen. Zweitens werden sogenannte sozialökonomische Beschäftigungsbetriebe eingesetzt – Projekte, die ältere Menschen aufnehmen, die normalerweise am ersten Arbeitsmarkt keinen Job bekommen würden, und deren Situation in sechs Monaten so weit stabilisieren, dass eine Vermittlung gelingt. Für diese Initiative steht ein Sonderbudget von 50 Millionen Euro zur Verfügung.

Johannes Kopf über die Prognose für das Frühjahr

Kopf wagte die Prognose, dass die Arbeitslosigkeit ab März wieder sinken werde – allerdings meinte er damit den Jahresvergleich, nicht den saisonalen Verlauf. Er behauptete, dass Ende März die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr sinken könnte.

Die Begründung: Zum einen werde sich die Konjunktur bis dahin noch etwas mehr erholen, zum anderen liegt Ostern heuer sehr günstig – genau in der Osterwoche ist der Stichtag, was einen einmaligen Effekt geben könnte. „Ob ich recht habe oder nicht, zeigt uns dann das Licht. Nein, Ostern zeigt uns das“, scherzte Kopf.

Johannes Kopf über die Abschaffung der geringfügigen Beschäftigung für Arbeitslose

Ab kommendem Jahr dürfen Arbeitslose in der Mehrheit nicht mehr geringfügig dazuverdienen. Kopf erwartet zwei Effekte: Erstens, dass die Arbeitslosigkeit in gewissen Bereichen weniger lang dauert – dies ist auch die prognostizierte Entwicklung des WIFO. Zweitens erwartet er einen Legalisierungseffekt, insbesondere in der Gastronomie, wo die geringfügige Beschäftigung gelegentlich als Schutzmantel vor nicht angemeldeter Mehrarbeit diene.

Allerdings relativierte Kopf die Erwartungen: „Wir reden von einigen wenigen tausend Personen, wenn überhaupt.“


Fazit: Johannes Kopf zeichnete ein nüchternes Bild des österreichischen Arbeitsmarkts. Während für 2025 keine deutliche Besserung in Sicht ist, setzt das AMS auf gezielte Maßnahmen für ältere Arbeitslose und hofft auf bescheidene Verbesserungen im Frühjahr. Die große wirtschaftliche Wende bleibt vorerst aus.

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