Eigentlich ist es schon eine kleine Revolution. Die jüngsten Kollektivvertragsverhandlungen in der österreichischen Papierindustrie (abgeschlossen Mitte Mai 2025) bringen – vorsichtig formuliert – Bewegung in die Sozialpartnerschaft und könnten als Vorbild für andere Branchen dienen.
Erstmals wurde eine direkte Koppelung der Gehaltssteigerungen an den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen vereinbart. Gerade in Österreich, wo der überwiegende Teil der Gehälter durch Kollektivverträge geregelt wird, ist dies ein wichtiger Schritt. Österreich gehört zu einer Gruppe von gerade einmal fünf Ländern in der EU, die auf ein gesetzlich geregeltes Mindestentgelt verzichten.
Innovative Staffelung nach Unternehmensergebnis
Das neue Modell orientiert sich an der EBIT-Marge (EBIT = „Earnings Before Interest and Taxes“, also Gewinn vor Zinsen und Steuern) der Unternehmen und schafft damit eine andere Verteilung der wirtschaftlichen Lasten und Erfolge. Während die kollektivvertraglichen Mindestlöhne einheitlich um 2,65 Prozent steigen, richtet sich die Erhöhung der tatsächlich bezahlten Löhne (der so genannten Ist-Lohne) nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betriebs:
- Unternehmen mit negativer EBIT-Marge gewähren 2,45 Prozent Erhöhung (maximal 70 Euro)
- Bei einer EBIT-Marge zwischen 0 und 0,75 Prozent: 2,45 Prozent (maximal 95 Euro)
- Erfolgreiche Unternehmen mit höherer EBIT-Marge: 2,65 Prozent (maximal 110 Euro)
Funktionierende Sozialpartnerschaft in Krisenzeiten
Bedenkt man, dass zunächst eine pauschale Nulllohnrunde Raum stand, kann sich ein differenziertes System sehen lassen. Der Ausgleich nimmt Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Unternehmen, ermöglicht jedoch – was ja immer der Hauptdiskussionspunkt ist – einen vollständiger Inflationsausgleich für untere und mittlere Einkommensgruppen. Nicht zuletzt hilft das Modell auch Arbeitsplätze zu sichern.
Ausblick: Modell für die Zukunft?
Mit rund 8.000 Beschäftigten in der Papierindustrie wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der zeigt, dass auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten innovative Lösungen möglich sind. Die Kopplung von Gehaltssteigerungen an den Unternehmenserfolg könnte ein Modell für zukünftige Kollektivvertragsverhandlungen in anderen Branchen werden und bringt vielleicht auch Bewegung auch in andere Themen…