Interessantes zur Lehre von Deloitte

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„Im Frühjahr 2022 haben sich 109 österreichische Unternehmen sowie 92 Schülerinnen, Schüler und Lehrlinge an der quantitativen Online-Befragung von Deloitte Österreich zum Thema „Jugendliche am Übergang von Schule und Beruf“ beteiligt.“ Dabei kamen je nach Zielgruppe unterschiedliche Fragestellungen zur Anwendung. Die Ansprache der Jugendlichen erfolgte zum einen über die teilnehmenden Unternehmen, die selbst Lehrlinge ausbilden, zum anderen über die gemeinnützige Bildungsinitiative „Teach for Austria“ und verschiedene Vereine, die Anlaufstellen für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche sind.“ Das Sample ist also sehr gemischt. Gleiches gilt für die Unternehmen, die befragt wurden. Sie stammen aus sehr unterschiedlichen Branchen und Sektoren.

Lehrausbildung als Gegenmaßnahme zum Fachkräftemangel

80 Prozent der befragten Unternehmen verstehen die innerbetriebliche Lehrlingsausbildung als Absicherung gegen den Fachkräftemangel. 9 Prozent (Platz 2 in der Befragung) der Unternehmen sehen die eigenen Lehrlinge als wertvolle Unterstützung im Betrieb an. Auch soziales Engagement spielt eine Rolle bei der Lehrlingsausbildung: Die Senkung der Jugendarbeitslosigkeit steht bei 8 Prozent der Unternehmen im Vordergrund. Immerhin Platz 3 im Ranking. Dies ist doch etwas überraschend.

Das alte Lied: Von den Schwierigkeiten Lehrlinge zu finden

Es ist fast schon ein alter Hut. 15 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, große Schwierigkeiten bei der Lehrlingssuche zu haben. 20 Prozent gaben an „eher Schwierigkeiten“ zu haben. Bei weiteren 40 Prozent der befragten Unternehmen gäbe es teilweise Schwierigkeiten. Zusammengerechnet: 75 Prozent gaben an teilweise, eher oder große Schwierigkeiten bei der Lehrlingssuche zu haben. Das klingt nicht unbedingt positiv.

Mit „Schwierigkeiten“ verweisen die Unternehmen sowohl auf quantitative als auch auf qualifikative Gründe. Aus eigener Erfahrung bei der Lehrlingsauswahl weiß ich, dass etliche Unternehmen recht hohe Anforderungen an die Lehrlinge stellen. In einigen Lehrlingsprojekten, die ich betreuen durfte, war der Wunschkandidat (m/d/w) ein HTL oder Gymnasiumabbrecher*in mit entsprechendem Benehmen etc. Außerdem gaben 58 Prozent der befragten Unternehmen an „zu wenige Interessentinnen“ zu finden. Das kann natürlich mit der Art der Ansprache zusammen hängen.

Deloitte Youse Pulse Check 2022 – Seite 10

Daher ist es wenig überraschend, dass Deloitte dazu rät „alternative Gruppen“ anzusprechen und zu integrieren. Mit alternativen Gruppen sind Personen gemeint, die bei einer klassischen Lehrlingssuche vielleicht weniger zum Zug kommen. Dies beginnt bei einer gewissen Fixierung auf die Kompetenzen (Schulnoten, Wissenstest etc.) und hört bei einer mangelnden Inklusion auf. „Obwohl 62 % der befragten Unternehmen angeben, dass die Integration alternativer Zielgruppen zur Reduzierung des Fachkräftemangels relevant ist, integrieren erst 33 % diese bewusst. Zentraler Erfolgsfaktor, um den Gap zu schließen, ist eine offene Auseinandersetzung mit potenziellen Bewerberinnen und Bewerber sowie die bewusste Begleitung über den Einstieg hinaus. Gelingt es, so im Unternehmen positive Erfahrungen zu stiften, steigt auch die Bereitschaft, in Zukunft in die Zielgruppe zu investieren.“

Deloitte Youth Pulse Check 2022 – Seite 10

Unterschiedliche Kanäle bei der Ansprache

Unternehmen arbeiten noch immer stark nach dem „Post and Pray“-Prinzip. Auf die Frage, welche Kanäle sie für die Ansprachen nutzen würden, kam viel „Klassisches“ zu Tage (Mehrfachantworten waren möglich). Unternehmen verlassen sich auf Stellenanzeigen in unterschiedlichen Medien (66 Prozent bei den sozialen Medien) und auf Empfehlungen von Mitarbeiter*innen (59 Prozent). Informationen auf der eigenen Webseite spielen in 53 Prozent der Antworten eine Rolle.

Peer-Group und Familie entscheidend für die Auswahl

Um es gleich vorweg zu sagen: Social Media spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle, wenn es darum geht, sich für eine Lehrstelle und eine bestimmte Ausbildung zu entscheiden (15 Prozent). Hingegen gaben 78 Prozent der befragten jungen Menschen an, dass Familie und Freund*innen eine große Rolle spielen.

„78 % der befragten jungen Menschen geben an, dass ihr persönliches Umfeld am meisten bei der Entscheidung für eine Ausbildung unterstützt. Das zeigt sich auch in der Ansprache der Unternehmen: 59 % nutzen persönliche Empfehlungen bei der Ansprache von Lehrlingen. Das ist insbesondere bei der
doch recht jungen Zielgruppe sinnvoll: Da eigene Erfahrungen meist noch fehlen, sind jene des direkten Umfeldes umso gewichtiger.“ Es zeigt sich aber auch, dass es für die Unternehmen durchaus gewinnbringend sein könnte, das Umfeld der potenziellen Auszubildenden einzubeziehen. Das Setzen auf Empfehlungen ist also durchaus eine schlaue Sache.

Großes Thema: Was ist den Ausbildungsunternehmen UND den Lehrlingen wichtig?

Hier eröffnet sich eine große Diskrepanz. Die Unternehmen setzen in ihren Employer-Branding-Strategien auf das Thema Sicherheit und Attraktivität der Lehrstellen. 69 Prozent der Unternehmen „verkaufen“ die Ausbildung als Investition in einen zukunftssicheren Job. Immerhin 43 Prozent promoten die Möglichkeit einer festen Jobübernahme nach der Ausbildung. Jenen jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen, sind andere Dinge wichtig. Man könnte es auch sehr vereinfacht sagen, dass das Denken in einer Berufslaufbahn oder das Karrieredenken ihnen fremd sind. 54 Prozent der Befragten empfinden nette Kolleginnen und Kollegen als ganz wichtigen Faktor bei der Lehre und immerhin 39 Prozent stellen die Sinnfrage.

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Deloitte Youth Pulse Check 2022 – Seite 15

In diesem Zusammenhang ist folgender Hinweis von Deloitte sehr interessant. Die Studienautorinnen empfehlen ein sogenannten „strukturiertes Onboarding“ mit Buddy-System. O-Ton Deloitte: „Der Start einer Lehre ist für viele gleichzeitig der Einstieg ins Berufsleben. Daher ist es umso wichtiger, einen angenehmen Arbeitsbeginn zu gewährleisten. Das gelingt, wenn neue Lehrlinge merken, dass sich das Unternehmen auf ihren Einstieg gefreut und sich strukturiert vorbereitet hat. Gerade für Lehrlinge eignet sich auch ein Buddy-System, um gleich von Beginn an eine Ansprechperson auf Augenhöhe zu haben. Das erleichtert es den Lehrlingen, Strukturen, Team und Arbeitsweisen von Beginn an richtig kennenzulernen. Gleichzeitig wird die Bindung an das Unternehmen gestärkt, die im Angesicht der fehlenden Fachkräfte umso mehr wiegt.“ Es wird also mit hoher Wahrscheinlichkeit das Interesse und die Motivation hoch halten.

Klar ist, dass ein derartiges Buddy-System Ressourcen im Unternehmen bindet, die bei einer angespannten Personaldecke vielleicht gar nicht so vorhanden sein. Aber um es einmal einfach zu formulieren: Irgendwo muss man ja auch anfangen. Raunzen über fehlende Lehrlinge wird die Situation nicht verändern.


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