Passgenauigkeit ist der Schlüssel zum Vorstellungsgespräch

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Es liegt nicht immer an den Bewerbungsunterlagen oder den Qualifikationen. Oft fehlt es einfach an Passgenauigkeit bei Bewerbungen. Die Folge Absagen sind fast unausweichlich und es kommt zu keinem Vorstellungsgespräch.

4 Augen sehen mehr als 2

Vor wenigen Jahren arbeitete ich noch als Jobcoach und Betriebskontakter. Ich arbeitete mit einem jungen Mann, der einen Job suchte. Soll ja hin und wieder vorkommen. Wir sichteten nach dem 4-Augen-Prinzip Stellenangebote. Ein Vorteil dieser Methode besteht darin, dass man als Coach schneller mitbekommt, wie der Kunde oder die Kundin tickt. Man sieht auf welche Jobangebote er oder sie anspringt und welche Tätigkeiten er oder sie bevorzugt. Diese Methode bringt authentischere Ergebnisse hinsichtlich der Motivation als ein langweiliges Frage-Antwort-Spiel. In meinem Fall war es so, dass der Bewerber ziemlich klar wusste, was er will und was nicht. Seine Ansagen waren teilweise verstörend direkt: „Drecksfirma…“ „Kein Bock…“ „Nein“ waren einige Ansagen. Allerdings wurde der Prozess auch sehr vereinfacht.

Ein konkretes Stellenangebot im Bereich Lager/Logistik für ein Computerunternehmen animierte den „Kunden“ zu einer Bewerbung. Ich bestätigte diesen Wunsch, da das Inserat in meinen Augen sehr zu seinen Erfahrungen passte. Er hatte tatsächlich die notwendige Erfahrung gesammelt, verfügte über den geforderten Staplerschein und kannte auch die nötigen fachlichen Ausdrücke, die man braucht…

Mit anderen Worten: Der Bewerber wusste genau wo seine Stärken lagen und er suchte sich Inserate nach der Passung zwischen den eigenen Fähigkeiten und den Anforderungen seitens des Unternehmens heraus. In zweiter Linie waren Faktoren wie Distanz, Gehalt etc. von Bedeutung.

Selbstverständlichkeit??!

„Aber das ist doch klar“, werden Sie sich denken. Wenn dem so ist und Sie auch nach diesem Schema handeln, dann werden Sie auch leicht einen Job finden. Sie ahnen jedoch nicht – und jetzt wechsle ich einmal in die Position des Recruitings – wie viele Bewerbungen im Bereich Lagerlogistik verschickt werden mit der impliziten Annahme, dass es sich ja da meist um ein Hilfspositionen handelt, für die man nichts können muss…

Zurück zu meinem Kandidaten: Das Motivationsschreiben wurde genau mit dem Argument „Passung“ (sinngemäß: „Ihre Ausschreibung passt zu dem, was ich zuletzt machte und mir ist es wichtig möglichst in derselben Branche zu bleiben“) begründet. Ein Lebenslauf mit einem aktuellen Foto wurde in den Anhang gestellt und die Bewerbung über den Free-Mail-Account des Kunden verschickt. Wir schauten uns danach andere Jobangebote an, doch dann passierte das Unerwartete.

Wenn’s passt, wird meistens schnell reagiert

Das Telefon läutete keine 10 Minuten nachdem wir die Bewerbung verschickt hatten und der Kandidat bekam ein Vorstellungsgespräch beim Unternehmen. Diese kleine Geschichte stammt nicht aus dem Geschichtenfundus eines Bloggers, sondern zeigt, dass Passgenauigkeit ein guter Schlüssel ist. Passgenauigkeit bedeutet jedoch in vielen Fällen dieselbe Tätigkeit in derselben Branche zu übernehmen.

Verkauf ist leider nicht Verkauf

Ich sehe es sehr oft im Verkauf. Einzelhandel ist nun mal nicht Einzelhandel. Etliche Bewerber*innen, die im Lebensmittelverkauf arbeiteten, wollen in den Textilhandel wechseln. Wenn ich für eine Verkaufsposition im Textilhandel rekrutiere, fallen diese Bewerbungen sofort auf meinen Absagestapel (es sei denn die Ausbildung ist textilaffin). Ich weise in Gesprächen darauf hin, dass es sich um unterschiedliche Branchen handelt und somit die Passgenauigkeit nicht gegeben ist. Auch hier sollten Berater*innen und Jobcoachs genauer hinschauen.

Technischer Zeichner – 3 Berufe

Ein ähnliches Thema ist der technische Zeichner (m/w). Ich weiß, dass viele Berater*innen beim Arbeitsmarktservice und in den einzelnen Jobcoachings die praktische Seite des Berufes nicht kennen. Aber ein bautechnischer Zeichner ist nun mal anders ausgerichtet als ein HKLS-Zeichner oder ein Zeichner im Maschinenbau. Die Schwerpunkte sind unterschiedlich – und die Software ist es auch. Es gilt also: Die Etikette ist die eine Sache und der Inhalt die andere. Ein bautechnischer Zeichner (m/w) wird kaum eine Position als HKLS-Zeichner bekommen.

Branchen- oder Berufswechsel

Natürlich gibt es viele Menschen, die einfach die Branche wechseln wollen. Allerdings sollten Kandidat*innen, die mit einem Berufswechsel oder einem kompletten Branchenwechsel liebäugeln, sich genau fragen, aus welchen Gründen sie dies tun wollen. Man sollte das Kind nicht vorzeitig mit dem Bade ausschütten… Der Wechselwunsch ist vielleicht durch Erfahrungen im Unternehmen oder im Umgang mit einzelnen Kolleg*innen geprägt – vielleicht reicht in Wirklichkeit ein Firmenwechsel, damit der Spaß am Job wiederkehrt… Anders ist es natürlich, wenn ein Job körperlich nicht mehr auszuhalten ist. Aber auch in diesen Fällen ist der Berufswechsel vielleicht nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Anstatt über eine Umschulung, sollte man vielleicht über eine Höherqualifizierung nachdenken.

TIPP: Bei einem Berufswechsel sollten Sie nach Höherqualifizierungen oder verwandten Berufen Ausschau halten.

Passgenauigkeit ist bereits bei Lehrlingen ein Thema

Ein ähnliches Thema haben wir bei der Lehrlings(vor)auswahl. Wenn ein*e Bewerber*in bisher kaufmännische Ausbildungen (HAK, HASCH etc.) absolvierte, dazu noch berufspraktische Tage in einem Backoffice absolvierte, sich dann aber auf den Beruf des/der technischen Zeichner*in bewirbt, wird es schon sehr spannend. Zumindest stellt sich für mich als Recruiter sehr wohl die Frage, wieso jemand, der bereits in jungen Jahren eine eindeutige kaufmännische Richtung genommen hat, jetzt auf einmal eine 180-Grad-Wendung in Richtung eines technischen Berufes vornehmen möchte. Auch hier spielt der Filter der Passgenauigkeit bereits eine Rolle – und es lohnt sich derartige Bewerbungen zu hinterfragen.

Bleibt noch eine Sache: Der Kandidat ergatterte den Lagerjob beim Computerunternehmen.

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