Fachkräftemangel und Wünsche an die Politik

Fachkräftemangel TTI Group Jobberie

Am 10. September 2024 luden der Personaldienstleister TTI Group und das Beratungsunternehmen Interconnection Consulting zu einer gemeinsamen Pressekonferenz. Beide Unternehmen präsentierten eine Studie zum Thema Fachkräftemangel verbunden mit Lösungsvorschlägen, die man auch als Forderungen definieren kann.

Unbestritten ist, dass der Arbeitskräftemangel in etlichen Branchen – trotz steigender Arbeitslosenzahlen in Österreich – ein Problem für viele Unternehmen darstellt. Die TTI Group definiert sich selbst als führender Personaldienstleister im Bereich Fachkräfte in Österreich und verortet vornehmlich ein strukturelles Problem als Ursache des sogenannten Fachkräftemangels.

Strukturelle Reformen und politischer Handlungsbedarf

Die von TTI Group und Interconnection Consulting präsentierte Studie nutzt das so genannte „Arbeitslosen-Offene-Stellen-Verhältnis“ (AOV) um den Fachkräftemangel in vielen Teilen Österreichs zu verdeutlichen. Das Tool ist keine Erfindung der beiden Unternehmen, sondern wird auch eingesetzt um die sogenannte Mangelberufliste des Bundes und der Bundesländer zu eruieren.

Laut Definition spricht man in Österreich von einem Mangelberuf wenn innerhalb eines Jahres weniger als 1,5 Arbeitssuchende pro offene Stelle zur Verfügung stehen. Wenn dieser Faktor zutrifft, dürfen Unternehmen für den jeweiligen Mangelberuf Arbeitskräfte aus Drittstaaten – also außerhalb von Europa – anwerben. Es gibt eine bundesweite Mangelberufliste und regionale, auf die Besonderheiten der Bundesländer, zugeschnittene Listen.

Regionale Unterschiede und Unterschiede in der Berechnung

Allerdings setzen TTI Group und Interconnection Consulting die Faktoren ein wenig anders. 1,2 bedeute ein „massiver Fachkräftemangel“ und 1,2 bis 2 ein „leichter Fachkräftemangel. So sei die Situation in Salzburg, wo auf eine offene Stelle nur 1,26 arbeitssuchende Personen kämen, besonders dramatisch, während Wien und das Burgenland einen deutlichen Überschuss an Fachkräften zu verzeichnen hätten. Die Folge ist ein Ost-West-Gefälle. Wien verzeichnet einen AOV von 6,7 im Juli 2024. Dies würde einen deutlichen Fachkräfteüberschuss bedeuten.

Auch im Burgenland sei die Situation entspannter. Auf der anderen Seite ist die Lage in Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich mit Werten zwischen 1,5 und 1,9 wesentlich angespannter. Salzburg ist hier – wie bereits erwähnt – negativer Spitzenreiter mit einem AOV von 1,26. Die Zahlen seien auch deshalb aussagekräftig, da in Österreich eine geringe Arbeitsmobilität herrsche.

Branchen im „öffentlichen Dienst“ prekär

Prekär sei der Mangel in den Bereichen öffentliche Sicherheit, Verteidigung und Justiz, wo auf eine offene Stelle nur 0,7 Arbeitssuchende kommen. Auch im Gesundheitswesen, insbesondere in den Krankenhäusern, zeichnet sich eine ähnliche Problematik ab. Der AOV beträgt in den Krankenhäusern 0,8: „In diesem Bereich sieht man noch die Auswirkungen der Corona-Krise, die zum Exodus vieler Pflegekräfte geführt hat, während die Überalterung der Gesellschaft die Nachfrage nach Fachkräften weiter steigen lässt“ erklärt Frederik Lehner, Geschäftsführer der Interconnection Consulting und Autor der Studie.

„Maßnahmen-Pentagon“

Im Rahmen der Pressekonferenz wurde ein umfassendes „Maßnahmen-Pentagon“ vorgestellt, das die strategischen Handlungsfelder zur Bekämpfung des Fachkräftemangels systematisiert: Die Handlungsfelder lassen sich mit den Schlagworten „Arbeitszeit, „Beschäftigung“, „Produktivität“, „Löhne“ und „Struktur“ betiteln.

Die Forderungen sind nicht neu: Im Bereich der Arbeitszeit sind die Schlagwörter „Attraktivierung der Vollzeit“, „Erhöhung des Pensionsantrittsalter“ und „Erhöhung des Betreuungsangebotes im Bereich Familie“ nicht neu. Auch würden zu hohe Lohnabschlüsse die Konjunktur beschränken. Interessant ist das Eingeständnis, dass der Markt vieles regele, aber „keine neuen Beschäftigten“ schaffe.

Folgende Teilmaßnahmen würden einen „Unterschied“ machen und seien politisch umsetzbar

  • Längere Arbeitszeiten (Bsp. Griechenland, Pensionsantritt, 41-h-Woche)
  • Förderung der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte (inklusive Vereinfachung der Rot-Weiß-Rot-Karte)
  • Effizienzsteigerung durch Digitalisierung, Automatisierung, KI & Robotik
  • Höhere Löhne – Lohnnebenkosten senken (wobei nicht definiert wird ob Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge gemeint sind)
  • Umschulung/Strukturmaßnahmen
  • Erhöhung des Personaleinsatzes durch Skill-Matching

Diese Lösungsvorschläge – oder Forderungen – sind bekannt und werden vornehmlich von den Arbeitgeber*innenvertretungen propagiert. Das Thema Umschulung wird auch sehr gerne an das Arbeitsmarktservice respektive an Organisationen wie den WAFF adressiert; hier haben die Personaldienstleistungen durch einen eigenen Fonds ein wirksames Instrument, das meines Wissens, zu wenig genutzt wird. Das Festhalten an formalen Kriterien und Bildungsabschlüssen ist leider etwas, das quer durch die Branchen geht und in allen Unternehmen noch immer deutlich spürbar ist. Hier besteht sehr viel Potenzial. Das Festhalten an Deutschkenntnissen (auch in durchaus international ausgerichteten Branchen) oder die langwierigen Anerkennungsverfahren von Abschlüssen sind sicherlich auch ein Thema. Nicht zuletzt ist die Dequalifizierung von ausländischen Menschen ein Thema.

Natürlich gibt die TTI Group eine solche Studie in Auftrag um die eigene Marktposition zu stärken. Da verwundert es nicht, dass Personalbereitstellung als wichtiges Tool präsentiert wird, ebenso wie die bereits erwähnte Möglichkeit Mitarbeiter*innen über den Sozial- und Weiterbildungsfonds gem. § 22a des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) (kurz: SWF) weiter auszubilden. Ferner sei es – und das kann man nicht genug betonen – wichtig in Richtung Skillorientierung bei Stellenangeboten zu gehen und formale Abschlüsse und Jobtitel weniger Gewicht zu geben. Auch diese Dinge können ohne das Zutun der Politik von jedem Unternehmen in Eigenregie umgesetzt werden.

Was fehlt?

Generell sind die Forderungen nicht neu. Das Thema „mangelnde Mobilität“ wird zwar kurz angerissen, aber mit keinem Lösungsvorschlag gewürdigt. Hier gibt es sicherlich Potenzial, das durch attraktive Angebote der Unternehmen gelöst werden kann. Auch das Thema Kinderbetreuung wird immer wieder an die Politik adressiert, dabei wären unternehmenseigene Kindergärten, die auch gerne von mehreren Unternehmen gleichzeitig betrieben werden, eine Lösung. Last but not least liegt es an den Unternehmen selbst ein besseres Recruiting aufzusetzen und weiter auszubilden. Gerade der viel monierte Fachkräftemangel und ein Rückgang der Lehrausbildung passen nicht zusammen… Und ja Zeitarbeit kann auch eine Möglichkeit sein Fachkräfte zu qualifizieren.

Eines kann jedoch festgehalten werden: Das Thema wird uns immer wieder beschäftigen.

Quellen und Links

www.interconnectionconsulting.com

https://www.tti.at

Die Präsentation zum Download

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