(Update 10. 08. 2025)
Nach langem Ringen und Diskutieren konnte sich die Dreierkoalition auf eine neue Regelung im Bereich Trinkgeld einigen. Die neue Regelung wird mit 01. 01. 2026 in Kraft treten. Somit hat Österreich eine einheitliche Regelung was die Abgaben auf Trinkgeld betrifft. Die genaue Regelung finden Sie hier.
Unterschiedliche Länder- unterschiedliche Regelungen
Es gibt Länder, in denen das Trinkgeld bereits im Preis integriert ist. In vielen Ländern sind die Beschäftigten auf das Trinkgeld angewiesen, weil die Grundgehälter sehr niedrig sind. In den USA sind die Trinkgelder ein eingeplanter Bestandteil des Gehalts des Servicepersonals – und es kommt vor, dass das Trinkgeld (also der TIP) bereits auf der Rechnung ausgewiesen wird. In Japan ist es angeblich unhöflich, Trinkgeld zu geben, da gutes Service als selbstverständlich erachtet wird.
Aber wie ist es um das Trinkgeld in Österreich bestellt? Hier gibt es unterschiedliche Ansichten: freiwillige Leistung von Kundinnen und Kunden, die als Geschenk angesehen werden kann oder doch ein Bestandteil oder ein Zusatz zum Entgelt? Beide Sichtweisen existieren und haben Einfluss auf Steuern und Sozialabgaben. Mit 01. 01. 2026 wird eine neue Regelung in Kraft treten. Was bis dahin gilt:
Der freie Wille ist entscheidend…
Ein Trinkgeld ist nur dann steuerfrei, wenn es freiwillig und ortsüblich geleistet wird. Es muss auch direkt an die jeweiligen Dienstleistenden gerichtet sein und darf nicht in Form einer Pauschale über die Rechnung abgegolten werden. Anders formuliert: Trinkgeld ist bis dato steuerfrei, wenn es direkt geleistet wird, freiwillig geleister wird und ortsüblich ist. Was nun ortsüblich bedeutet, wird nicht eindeutig definiert. Es gibt allerdings einige Gerichtsurteile, etwa durch das Bundesfinanzgericht, die Richtwerte hergeben. So gibt es ein Urteil aus dem Casinoumfeld, das besagt, dass ein Trinkgeld, das 30 Prozent des Bruttolohns ausmacht, mit Sicherheit nicht als „ortsüblich“ angesehen werden kann – und somit versteuert werden muss. In etlichen Artikeln findet man den Hinweis, dass auch 25 Prozent Trinkgeld nicht als „ortsüblich“ gelten sollen. Hier ist der Gesetzgeber aufgefordert eine Präzisierung vorzunehmen.
ACHTUNG: Arbeiten sowohl der/die Unternehhmer:in als auch eine unselbständig beschäftigte Servicekraft in einem Restaurant, so ist das Trinkgeld, das die Servicekraft direkt von den Kund:innen bekommt, steuerfrei. Beim Trinkgeld, das direkt an den/die Unternehmer:n geht, handelt es sich um steuerpflichtige Einnahmen.
Achtung: Trinkgeldtöpfe (Tronc) werden besteuert und sind sozialabgabenpflichtig
Wird das Trinkgeld von den Mitarbeiter:inneneinen gemeinsamen Topf geworfen und dann in gleichen Teilen aufgeteilt, sodass alle Mitarbeitenden nach einem bestimmten, vorher definierten Schlüssel ihren Trinkgeldanteil bekommen, egal wie viel Trinkgeld sie von den Kund:innen im Einzelfall bekommen haben, ändert sich die Situation. Das Trinkgeld nach dem Tronc-System ist meist gerechter, allerdings wird es im beschriebenden Fall besteuert. Hierzu gibt es Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts. Stellvertretend sei folgende Textpassage zitiert:
„Zudem hat das Bundesfinanzgericht auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 bei Angestellten der C AG bereits wiederholt verneint, da es sich aufgrund des angewendeten Verteilungssystems nicht mehr um Zuwendungen der Kunden an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer von diesen Personen erbrachten Dienstleistung handle, sondern vielmehr ein Rechtsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin auf einen Anteil aus dem Tronc, der Teil des Bruttolohnes sei, bestünde (vgl. ua. BFG 27.12.2022, RV/1100454/2020, BFG 6.9.2021, RV/1100291/2020; jeweils mwN).“
Die Praxis des sogenannten Trinkgeldtopfes oder Tronc-System wird gerne angewandt, um auch Mitarbeiter:innen, die nicht unmittelbar „am Gast“ arbeiten, jedoch in das Service involviert sind, ebenfalls Trinkgeld zukommen zu lassen (in der Gastronomie kann das die Schankkraft oder die Reinigungskraft sein). Die Trinkgeldtöpfe, die unter den Arbeitnehmer:innen aufgeteilt werden, sind also weder von der Steuer noch von der Sozialversicherung befreit, da es sich nicht mehr um direkte freiwillige Zuwendungen von Kund:innen direkt an die Arbeitnehmer:innen handelt. Schärfer formuliert es ein Artikel auf gast.at: „Die Anwendung des TRONC-Systems steht im Widerspruch zur direkten Zuwendung an einen Dienstnehmer“.
Steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig
Wir wissen nun: freiwillige, persönliche und ortsübliche Trinkgelder sind steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig. Durch die Trinkgelder kommt es nach Auffassung diverser Sozialversicherungsträger zu einer höheren Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung. Eigentlich müsste Monat für Monat das gesamte Trinkgeld ausgewiesen werden um dann eine entsprechende Beiträge zu verrechnen. Das würde zu einem immensen Aufwand führen. Um jedoch die Sozialversicherungsbeiträge und die Abrechnung zu vereinfachen, wurden für bestimmte Berufe sogenannte Trinkgeldpauschalen eingerichtet. Achtung: Diese werden nicht nur von der ÖGK eingehoben, sondern auch beispielsweise von der BVAEB. Außerdem unterscheiden sich diese Beiträge auch noch nach Branchen und Bundesländern.
Was sind Trinkgeldpauschalbranchen?
Wir haben festgestellt: Trinkgeld ist sozialversicherungspflichtig, allerdings gibt es einen abgabenfreien Pauschalbetrag, den man allgemein als „Trinkgeldpauschale“ bezeichnet. Diese Pauschale ist je nach Branche und Bundesland unterschiedlich hoch. Die Pauschale wurde seit vielen Jahren nicht angepasst, was insbesondere durch vermehrte Kartenzahlungen und die Registrierkassenpflicht zu Nachforderungen durch die Sozialversicherung geführt hat. Die Registrierkassenpflicht existiert seit dem Jahr 2016 und gilt bei Bareinnahmen für Betriebe mit Jahresumsätzen von mehr als 15.000 Euro respektive wenn die Barumsätze 7.500 Euro überschreiten.
Laut einem Beitrag auf der Website der ÖGK vom 01.01.2025 haben folgende Branchen eine Trinkgeldpauschale:
- Kosmetikerinnen und Kosmetiker, Fußpflegerinnen und Fußpfleger sowie Masseurinnen und Masseure (in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien)
- Friseurinnen und Friseure (in allen Bundesländern)
- das Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe (in allen Bundesländern)
- das Lohnfuhrwerkgewerbe (Lenken von Taxis, Mietwägen, Auto- und Omnibussen) (Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien)
- Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer in Heilbadeanstalten, Kuranstalten, Heilquellenbetrieben und Bädern (im Bundesland Wien)
Angeblich gibt es 30 verschiedene Trinkgeldpauschalen – je nach Beruf und Region. Eine Übersicht zu den aktuell geltenden Trinkgeldpauschalen finden Sie auf der Website der ÖGK.
Wann schlägt die Steuer bei Trinkgeldern (noch) zu?
Wenn Trinkgeld nicht persönlich, freiwillig und ortsüblich ist, sondern als Pauschale oder in Form eines prozentualen Aufschlags auf die Gesamtrechnung ausgewiesen wird, ist keine Rede mehr von einem freiwilligen Trinkgeld (sprich einer freiwilligen Anerkennung der Dienstleistung). Durch die Ausweisung auf der Rechnung wird das Trinkgeld zu einem verpflichtenden Lohnbestandteil. Dies führt dann nicht nur zu sozialversicherungspflichtigen Abgaben, sondern auch zu Steuern, die an den Fiskus abzuführen sind. Die Servicepauschalen werfen jedoch nicht nur die Frage der Lohnsteuer und Sozialversicherung auf. Es kann sein, dass die Pauschalen auch – so schreibt es zumindest der Steuerberater Fidas – in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einfließen.
Bei Auszahlung eines Servicezuschlags an die Dienstnehmer:innen handelt es sich mangels Freiwilligkeit um beitragspflichtiges Entgelt (allfällige Trinkgeldpauschalen müssen abgezogen werden).
Lange Diskussionen auf Regierungsebene um das Trinkgeld…
Die ganze Aufregung um das Trinkgeld wurde von einem einzigen Satz im Regierungsprogramm der aktuellen Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS losgetreten. Dort heißt es auf Seite 28 im Kapitel „Wirtschaft und Infrastruktur“ lapidar: „Trinkgeldregelungen: Evaluierung und praxistaugliche Ausgestaltung der Regelungen für die Trinkgeldpauschale inkl. TRONC-Systeme.“ Dieser Satz führte zu großen Diskussionen. Die Ideen reichten von einer kompletten Abgaben- und Steuerbefreiung von Trinkgeldern bis hin zu einer Erhöhung der Trinkgeldpauschale. Hinzu kommt eine strengere Überprüfung der Trinkgelder vornehmlich durch die ÖGK.
Fix ist, dass die Sozialpartner (Wirtschaftskammer und Gewerkschaften) die Regelungen neu verhandeln und Gerüchten zufolge eine Einigung erzielt haben. Armin Wolf befragte Finanzminister Markus Marterbauer zu diesem Thema (ZIB 2 vom 08. Juli 2025). Der Finanzminister wollte nicht direkt etwas sagen. Er betonte jedoch folgendes:
„Aber zwei Dinge sind mir wichtig in diesem Zusammenhang. Erstens hört man oft, die Trinkgelder sollen steuerfrei werden. Das wundert mich ein bisschen, die sind schon steuerfrei. Also hier gibt es eigentlich wenig zu ändern. (…) Sie bleiben auch steuerfrei. Dann ist die Frage nach den Sozialversicherungsbeiträgen auf die Trinkgelder. Hier habe ich immer gebremst, weil Sozialversicherungsbeiträge ja Leistungen nach sich ziehen. Und wenn man die Beiträge streicht, dann sinken die Pensionen und die Arbeitslosengelder, gerade in einem Sektor, der vom Trinkgeld so abhängig ist wie Beherbergung und Gastronomie, wo die Gehälter ja sehr, sehr niedrig sind… und deshalb bei Arbeitslosengeldern und Pensionen muss man ja vorsichtig sein. Aber ich glaube, wir finden hier eine vernünftige Lösung, die dann schlussendlich allen nutzt.“
Quelle: Markus Marterbauer (Finanzminister, SPÖ) in der ZIB 2 am 08. Juli 2025
Armin Wolf fragte daraufhin nach und meinte, dass man höre, dass eine einheitliche Trinkgeldpauschale von 95 Euro im Raum stehe und dass es zu keinen rückwirkenden Forderungen käme. „In diese Richtung wird es wohl gehen, und wenn es gelingt, eine einheitliche Pauschale zu erreichen, dann ist, glaube ich, eine gute Lösung für alle Beschäftigten, die auch von Trinkgeldern abhängig sind, für ganz Österreich. Und das wäre erfreulich.“
Armin Wolf: „Und auch keine rückwirkenden Nachforderungen der Sozialversicherung?“ Darauf die Antwort von Finanzminister Markus Marterbauer: „So wird es möglicherweise sein…“

Josef Muchitschs Plädoyer für die Neuregelung im Parlament
Josef Muchitsch, SPÖ-Nationalratsabgeordneter seit 2006 und Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz seit 2012, eröffnete die aktuelle Stunde zum Thema „Ausbau der Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ am 09. Juli 2025 im österreichischen Parlament. Zum Thema Trinkgeld sagte der führende Gewerkschafter (ich zitiere aus dem parlamentarischen Protokoll, samt Zwischenrufen):
„Evaluierung Trinkgeldpauschale: Auch das ist immer wieder ein Thema. Das wurde in den letzten Tagen in den Medien sehr hochgespielt, und die Leute glauben, es ist etwas Neues. Wir müssen den Menschen draußen sagen, das ist nichts Neues, denn die Trinkgeldpauschale gibt es seit Jahrzehnten. Was wir jetzt machen müssen, ist, die Trinkgeldpauschale zu evaluieren, so wie es im Koalitionspaket vereinbart ist. (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr nehmt den Ärzten was weg, Beppo!)
Was sind die drei wichtigsten Botschaften bei der Trinkgeldpauschale? Was wollen wir als die drei Regierungsparteien umsetzen? – Wir wollen Rechtssicherheit für Dienstgeber schaffen. Wir wollen Rechtssicherheit für Dienstnehmer schaffen. Wir wollen höhere Dienstnehmeransprüche (Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert – Das ist Satire!), die sie für Arbeitslosigkeit, für Krankheit und für Pensionen erwerben. (Abg. Wurm [FPÖ]: Aber die brauchen mehr Geld, Beppo! Das braucht der Kellner!)
Wir wollen eine Neuregelung, die entbürokratisiert und den Vollzug vereinfacht. Wir wollen eine Regelung (Ruf bei der FPÖ: Taten statt Worte!), Abgeordneter Wurm, mit der die Menschen auch mehr Geld bei Arbeitslosigkeit, bei Krankheit und in der Pension haben. Das wollen wir, das ist unser Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)“
Josef Muchitsch, Aktuelle Stunde, 35. Sitzung des Nationalrats vom 9. Juli 2025 (35/NRSITZ)
NEOS wollten eine andere Regelung
Laut einem Bericht der Gratis-Zeitung „Heute“ sperrte sich allerdings der dritte Regierungspartner NEOS gegen jene Regelung, die bereits in den Medien kolportiert wird (95 Euro resp. 40 Euro bei Menschen mit wenig Trinkgeld, einheitlich in ganz Österreich). HEUTE schrieb am gleichen 9. Juli 2025:
Am Rande des Ministerrats am Mittwoch erklärte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger auf „Heute“-Nachfrage, dass sie eine „gute, aber unbürokratische Lösung“ anstrebe: „Es ist kein Geheimnis, dass wir den Vorschlag der Sozialpartner als für nicht ausreichend ansehen.“ Die Pinken sehen darin im Ergebnis sogar eine höhere Belastung.
Meinl-Reisinger: „Ich bin aber SEHR zuversichtlich, dass wir in den kommenden Tagen eine Lösung finden werden.“ Das letzte Wort ist in der Koalition dazu offensichtlich noch nicht gesprochen.
Die neue Regelung im Details
Die Bundesregierung präsentierte am 24. Juli 2025 die neue Regelung.
Die Eckpunkte des neuen Modells
- Rechtssicherheit – die ÖGK verzichtet auf Nachforderungen, wenn das Trinkgeld die Pauschalen überschreitet.
- Es wird eine Härtefallregelung für bereits geprüfte Betriebe geschaffen werden, die mit Nachforderungen konfrontiert werden. Details zur Härtefallregelung werden ausgearbeitet.
- Es kommt zu einer sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Absicherung von Troncsystemenfür die Aufteilung der Trinkgelder unter den Mitarbeiter:innen.
- Österreichweit einheitliche Pauschalsätze:
- Die Trinkgeldpauschalen werden in den nächsten Jahren sukzessive angehoben. 2028 sollen die Pauschalen 100 € für Mitarbeiter:innen mit Inkasso und 50 € für Mitarbeiter:innen ohne Inkasso betragen. Danach (ab 2029) erfolgt eine jährliche Anpassung an die Inflation.
Für Mitarbeiter:innen mit Inkasso
- 2026: 65 Euro
- 2027: 85 Euro
- 2028: 100 Euro
- danach Indexierung
Für Mitarbeiter:innen ohne Inkasso
- 2026: 45 Euro
- 2027: 45 Euro
- 2028: 50 Euro
- danach Indexierung
Rechnungsbeispiele für die alten und neuen Berechnungsweisen finden Sie bei der WKO
Unangebtastet bleibt die derzeit geltende Steuerregelung für Trinkgelder, die seinerzeit von Karl-Heinz Grasser eingeführt wurde. Ortsübliche, freiwillige Trinkgelder von Dritten sind lohnsteuerfrei. Voraussetzung dafür bleibt, dass die Höhe vom Gast (nicht vom Arbeitgeber) freiwillig bestimmt wird (etwa bar auf dem Tisch oder über Kartenzahlung mit eigenem Ermessensspielraum).
Hier geht es zur Kurzinfo des Ministerialentwurfs:
https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVIII/ME/37/imfname_1704879.pdf