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In der Personalvermittlung und in der Personalberatung gibt es unterschiedliche Vergütungsmodelle. Meist stehen ein erfolgsbasiertes Honorarmodell oder ein so genanntes – wie man eher unter deutschen Kolleg*innen sagt – Retainer-Modell zur Wahl.
Personalvermittlung auf Erfolgsbasis versus Retainer-Modell
Beim ersten Modell geht das Beratungsunternehmen in Vorleistung. Das vollständige Honorar wird erst fällig, wenn die Stelle mit einem oder einer vorgeschlagenen Kandidat:in besetzt wird. Salopp formuliert: Unterschreibt eine*r der präsentierten Kandidat*innen, wird das gesamte Honorar in Rechnung gestellt und bezahlt.
Bei einem so genannten Retainer–Modell wird das Honorar auf den gesamten Prozess aufgeteilt und nach Erfüllung von Meilensteinen verrechnet. Das bekannteste und am meisten genutzte Modell ist die so genannte Drittelregelung respektive eine Bezahlung bei der ein gewisser Prozentsatz des vereinbarten Honorars bereits bei Auftragsvergabe gezahlt wird (das können 30 bis 50 Prozent je nach Modell sein). Der zweite Teil wird dann etwa bei der Präsentation der Long- oder Shortlist in Rechnung gestellt und das dritte Drittel wird bei der bei Unterschrift des oder der Kandidat*in fällig.
Beide Modelle haben ihre Vorteile, wobei viele Menschen in der Personalberatung das Retainer-Modell bevorzugen (so auch im oben eingebundenen Video, in dem HR-Spezialist Frank Rechsteiner erklärt, warum man absolut nicht auf Erfolgsbasis arbeiten soll). Simone Straub (siehe zweites Video), die einige Tipps zum Thema „Personalvermittlung auf Erfolgsbasis“ gibt, unterscheidet sogar die Begriffe „Personalberatung“ und „Personalvermittlung“ sehr klar hinsichtlich der Honorarmodelle. Personalberatung erfolgt auf Honorarbasis nach dem Retainer-Modell, Personalvermittlung scheint für Sie eher die Arbeit auf Erfolgsbasis zu sein. Ich bleibe in der Folge bei der Bezeichnung Personalvermittlung.
Vorteile des Modells „Erfolgsbasis“
Die Personalvermittlung auf Erfolgsbasis, auch bekannt als „Erfolgshonorar“ oder „success fee“, bietet einige Vorteile für Auftragnehmer*innen:
- Ergebnisorientierung: Personalvermittler*innen, die auf Erfolgsbasis arbeiten, stehen unter dem Druck, schnell Ergebnisse zu liefern. Sonst bekommen sie kein Geld. Dies führt zu einer höheren Motivation, passende Kandidat*innen zu finden. Lange Prozesse werden vermieden und man versucht schnell zum Abschluss zu kommen um wirtschaftlich arbeiten zu können.
- einfaches Storno: Ja, wir müssen auch über Stornos reden. Egal ob der/die Auftraggeber*in den Auftrag storniert oder man selbst ein Storno machen muss, da keine passenden Kandidat*innen gefunden werden: Es gibt bei Erfolgsbasis keine Diskussionen über ausstehende Honorare oder wann welche Teilbeträge wie abgerechnet werden. Sie staunen? Auch das habe ich schon erlebt.
- Ersatzgarantie: Viele Personalvermittler*innen, die nach dem Retainer-Modell arbeiten, bieten eine Garantie an. Dies bedeutet, dass die Suche kostenlos wiederholt wird, falls der oder die Kandidat*in während der Probezeit (Zeitraum kann auch 3 Monate und mehr umfassen) wieder aus dem Unternehmen ausscheidet. Diese sehr beliebte Forderung vieler Auftraggeber*innen kann man bei Erfolgsbasis relativ leicht abwehren, da man ja selbst in Vorlage geht.
- Steuerung oder Einmischung durch die Auftraggeber*innen: Die Kontrolle über den Suchprozess bleibt weitgehend bei den Personalvermittler*innen. Ich muss kein Inserat mit dem Kunden oder der Kundin abstimmen. Es gibt keine Long- oder Shortlists. Es gibt keine aufwändigen Präsentationen mit einer Minimalanzahl von Kandidat*innen. Es gibt auch keine Wartezeiten. Maximal kommt es zu geringen Terminfindungsschwierigkeiten. Die Kandidat*innen werden präsentiert, sobald diese ihr Einverständnis geben und die Präsentationsunterlagen fertig sind.
- Auf Zeit spielen: Spielen Auftraggeber*innen auf Zeit – weil sich doch eine interne Lösung auftut – bietet man den bereits gesichteten Kandidat*innen einfach andere Positionen an. (Siehe: Storno).
- Leichtes Abstellen von Unendlichkeitssuchen: Es gibt Auftraggeber*innen, die beim Retainer-Modell sehr wählerisch werden und den Auftrag mit einer Art Dauer-Abo verwechseln. Das Unternehmen verlangt immer nach neuen Kandidat*innen. Dies kann man beim Arbeiten auf Erfolgsbasis relativ schnell abstellen (siehe Punkt 4 + 5)
- Rasche Beauftragung: Man kommt als Personalvermittler*in auf Erfolgsbasis rascher zu einem Auftrag, vor allem in Zeiten in denen Unternehmen sparen müssen und die HR-Budgets nicht für Personalberatung genutzt werden dürfen.
- Mehrfache Positionierung der Kandidat*innen: Ich kann guten Kandidat*innen mehrere Positionen bei unterschiedlichen Unternehmen anbieten und die Kandidat*innen nach Rücksprache breiter positionieren. Das ist bei einem gestaffelten Honorar oder Retainer selten möglich, da man hier meistens exklusiv arbeitet.
Nachteile von der Personalvermittlung auf Erfolgsbasis
- Finanzielle Vorleistung: Geld bekomme ich erst nachdem ich meine Arbeit getan habe und der oder die Kandidat*in unterschreibt. Personalvermittler*innen auf Erfolgsbasis gehen immer in finanzielle Vorleistung und müssen daher gewisse Reserven haben.
- Anbindung: Man verliert Kandidat*innen, wenn Unternehmen rasch absagen und man keine weiteren Angebote für die Kandidat*innen hat. Ferner ist die Verbindung zu den Kund*innen deutlich lockerer, da das Unternehmen kein finanzielles Risiko geht und man als (eine*r von mehreren) Zulieferer*innen gesehen wird.
- Ein Rennen mit der Konkurrenz: Bei Beauftragungen auf Erfolgsbasis ist oft (nicht immer) davon auszugehen, dass der Kunde oder die Kundin mehrere Unternehmen für die gleiche Position ins Rennen schickt. Auch hier ist kaum eine partnerschaftliche Arbeit gegeben. Allerdings muss ich als Vermittler*in auch keine Exklusivität zusichern. Ich kann meine Kandidat*innen mehrfach positionieren.
- Anspruch an die eigene Arbeit: Arbeitet man auf Honorarbasis kann es leicht zu einem CV-Shifting kommen. Der Anspruch auf gute Beratung und genaues Matching geht eventuell verloren. Schnelligkeit und schlankes Arbeiten sind ganz klar die Gebote der Stunde. Lange Kandidat*innen- oder umfangreiche Statusberichte, unnötige Termine vor Ort und lange Präsentationsrunden müssen vermieden werden. Im Gegensatz zur kostenintensiven Beratung ist es auch nicht der Anspruch absolute Passgenauigkeit herzustellen. Oder wie Simone Straub sagt: Es reichen auch schon mal 70 Prozent Passgenauigkeit.
- Eigene Positionierung: Personalvermittlung auf Erfolgsbasis führt oft zu einer Wald- und Wiesenpositionierung, da man zumindest am Beginn sehr unterschiedliche Aufträge annimmt. Hier ist Vorsicht geboten: eine klare Positionierung und Spezialisierung sind wichtig für die Arbeit auf Erfolgsbasis, da man ja einer / einem Kandidat:in im besten Fall mehrere Optionen anbieten will.
Die Mischung macht’s
Jedes Modell hat seine Vor-und Nachteile. Es kommt auch ein wenig auf meine Marke, meine Positionierung und auch meine Art zu arbeiten an. Aus der Praxis weiß ich, dass es nicht immer klug ist auf Erfolgsbasis zu arbeiten – und Retainer-Modelle die bessere Wahl sind.
Es gibt jedoch auch Aufträge, die besser auf Honorarbasis bearbeitet werden. Ein Beispiel: Wir haben das eine oder andere Mal Aufträge auf Honorarbasis gemacht (psst nicht weitersagen) um dem Kunden oder der Kundin zu helfen, weil dieser weder das Budget hatte noch eine ausführliche Beratung mit entsprechenden Kosten rechtfertigen konnte. Da wir den Kunden jedoch nicht verlieren wollten, zogen wir einen Auftrag – im Sinne der guten Beziehung und mit klaren Parametern – auf Erfolgshonorar durch. Dies kann z.B. auch sinnvoll sein, wenn es sich um eine „kleinere“ Position handelt. Der Kunde blieb und beauftragte uns mit der nächsten „Suche und Auswahl“.
Es ist also durchaus auch sinnvoll, Aufträge auf Honorarbasis nicht zur Gänze abzulehnen. Zum Schluss interessiert uns natürlich eines: Sind Sie Team Erfolgsbasis oder Team Retainer? Schreiben Sie es uns bitte in die Kommentare.
Weitere Infos
Hier noch die Links zu den beiden Expert*innen, auf deren Expertise ich für diesen Beitrag auch zurückgegriffen habe. Beide geben auf Youtube tolle Tipps und daher verlinke ich die Webseiten gerne.
- Die Webseite von Simone Straub. Der Coach für Headhunter, Personalvermittler & HR-Dienstleister. https://simonestraub.com/
- Hier geht es zu Frank Rechsteiner. IT-Headhunter und Coach. https://frankrechsteiner.de/

