Equal Pay Day in Österreich: Zahlen, Gründe und Lösungsansätze

Equal Pay Day 2024

Am 1. November 2024 ist es wieder soweit: Der österreichweite „Equal Pay Day“ markiert jenen Zeitpunkt im Kalenderjahr, ab dem Frauen statistisch gesehen bis zum Jahresende „gratis“ arbeiten. Letztes Jahr fiel der Aktionstag auf Halloween. Der „Equal Pay Day“ verdeutlicht die anhaltende Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern in Österreich..

Laut Berechnungen der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich auf Basis von Lohnsteuerdaten der Statistik Austria liegen die Jahresbruttobezüge von ganzjährig vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern bei rund 59.300 Euro, jene von Arbeitnehmerinnen bei rund 49.400 Euro. Der Nachteil von Frauen beträgt 16,6 Prozent.

Berechnet man es noch ein wenig anders, kommt man zu einem noch deutlicheren Ergebnis: Frauen in Österreich verdienen um 18,4 Prozent weniger als ihre männliche Kollegen – und das laut Arbeiterkammer – pro Stunde! Nur ein Drittel des Gender Pay Gaps sei strukturell begründet und damit statistisch erklärbar. Bei zwei Drittel dürfte es sich weitgehend um Entgeltdiskriminierung handeln. (Quelle)

Equal Pay Day: Die Gründe für den Gender Pay Gap sind vielschichtig

  • Unbezahlte Carearbeit: Frauen leisten noch immer zwei Drittel der unbezahlten Arbeit wie Kinderbetreuung und Haushalt.
  • Karriereunterbrechungen: Die Geburt eines Kindes führt oft zu einem „Karriereknick“ für Frauen.
  • Teilzeitquote: 50,7% aller erwerbstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit (Stand 2022). Im Vergleich dazu ist die Teilzeitquote der Männer relativ gering – sie beträgt 12,6%. 2023 sind es 13,4 % bei den Männern (+0,8 Prozentpunkte zu 2022) und 50,6 % bei den Frauen (-0,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2022).
  • Diskriminierung: Etwa zwei Drittel des Lohnunterschieds lassen sich nicht durch objektive Kriterien erklären.
  • In Österreich gibt es ein West-Ost-Gefälle. Im Westen ist der Gender Pay Gap höher. Vergleiche hierzu: Der Equal Pay Day fällt mit Halloween zusammen

Ein Beispiel für Diskriminierung – aus der Gerichtspraxis

Eine Buchhalterin war ab Mai 2018 bei einem Unternehmen beschäftigt und für die gesamte Buchhaltung zuständig. Als im Dezember 2018 ein männlicher Kollege eingestellt wurde, schulte sie ihn ein. Beide waren fachlich und inhaltlich gleichgestellt und vertraten sich bei Urlauben und Krankenständen gegenseitig. Trotzdem verdiente der neue Kollege von Beginn an 400 Euro brutto mehr. Die Arbeitnehmerin forderte gleiches Entgelt für gleiche Arbeit ein, doch trotz einer Gehaltserhöhung im Jänner 2019 blieb bis Ende ihres Arbeitsverhältnisses im Oktober 2019 ein Unterschied von rund 300 Euro brutto. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien urteilte zu Gunsten der Arbeitnehmerin. Eine Nachzahlung von über 4.200 Euro brutto plus Zinsen sowie eine Entschädigung von 1.400 Euro netto wurde ihr zugesprochen. (Quelle)

Ein weiteres Beispiel:

Der folgende Fall aus dem Jahr 2021 illustriert eine weitere typische Situation von Geschlechterdiskriminierung im Arbeitsumfeld, insbesondere im Zusammenhang mit Mutterschaft und Elternkarenz. Eine erfahrene IT-Mitarbeiterin kehrte nach ihrer Elternkarenz in eine höherwertige Position als Abteilungsleiterin zurück. Trotz ihrer neuen Verantwortung und Qualifikationen wurde ihr eine Gehaltserhöhung mit dem Argument „es sei noch zu früh“ verwehrt.

Die Mitarbeiterin erfuhr zufällig, dass ein männlicher Kollege in einer vergleichbaren Position ein deutlich höheres Gehalt bezog. Das Unternehmen verweigerte Auskünfte über die Gehaltsstruktur, was auf mangelnde Transparenz hindeutet.Die Gleichbehandlungsanwaltschaft prüfte den Fall und intervenierte beim Arbeitgeber mit einem Brief. Dieser erkannte die Ungerechtigkeit an, bestritt jedoch eine Geschlechterdiskriminierung. Ein Vergleich wurde ausgehandelt, bei dem die Mitarbeiterin eine Entschädigungszahlung in Höhe der Gehaltsdifferenz erhie (Quelle)

Beide Beispiele illustrieren wie der Gender Pay Gap und Diskriminierungen verbunden sind. Beide Beispiele decken auch einige Mythen und Vorturteile rund um den Gender Pay Gap auf. Einige Beispiele:

– Gerne wird behauptet, dass Frauen weniger arbeiten würden. Tatsache ist, dass sie mehr unbezahlte Arbeit leisten.
– die Berufswahl für schlechter bezahlte Branchen ist nicht der Hauptgrund für die Lohnunterschiede zwischen Männer und Frauen. Selbst in männerdominierten Berufen mit guten Kollektivverträgen werden Frauen oft schlechter bezahlt
– Es liegt nicht am mangelnden Verhandlungsgeschick der Frauen. Ganz im Gegenteil: Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass die Entlohnung nicht vom Verhandlungsgeschick abhängen darf.

Welche Lösungen gibt es?

  • Bewusstseinsbildung bei den Unternehmen, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit sich positiv auswirkt.
  • Unternehmensberatung in Richtung sozialer Verantwortung der Unternehmen. Hier könnte die Wirtschaftskammer in Österreich einen Lead übernehmen.
  • Einfordern von Lohngerechtigkeit durch die Mitarbeiter*innen
  • Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr
  • Arbeitszeitverkürzung respektive familienfreundliche Arbeitszeitmodelle
  • Ausgedehnte(re) Elternkarenzen respektive Aufteilen der Karenz zwischen den Eltern
  • Mehr Lohntransparenz durch erweiterte Einkommensberichte (sind durch die Richtlinie für Lohntransparenz spätestens ab 2026 Pflicht)

Fazit

Der Equal Pay Day macht deutlich, dass Österreich in Sachen Lohngerechtigkeit noch einen weiten Weg vor sich hat. Bei gleichbleibendem Tempo würde es etwa 300 Jahre dauern, bis Einkommensgleichheit erreicht wäre. Es ist höchste Zeit für konsequentes Handeln, um die Lohnschere zu schließen und echte Gleichstellung am Arbeitsmarkt zu erreichen.


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