Große Änderungen für freie Dienstverträge: Was sich ab 2026 ändert

Freie Dienstverträge Was ändert sich 2026

In den letzten 10 Jahren lag die durchschnittliche Anzahl der freien Dienstnehmer:innen in Österreich bei etwa 14.000 Personen. 2008 lag die Anzahl der geringfügig Beschäftigen noch bei 24.000. Danach kam es sukzessive zu einem Rückgang, der auf sozialrechtliche Änderungen zurückzuführen ist. 2008 wurde eine Beitragspflicht zur Arbeitslosen- und Insolvenzversicherung eingeführt.

Eine neue Gesetzesvorlage bringt weitere Veränderungen für alle, die mit einem freien Dienstverhältnis arbeiten oder solche beschäftigen. Die Regelungen treten am 1. Jänner 2026 in Kraft und betreffen drei wichtige Gesetze: das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021.

Was sind freie Dienstverträge?

Ein freies Dienstverhältnis ist eine besondere Form der Beschäftigung, die zwischen einem klassischen Arbeitsverhältnis und echter Selbständigkeit steht. Als freie:r Dienstnehmer:in gehen Sie ein Dauerschuldverhältnis ein – Sie verpflichten sich, für Ihre:n Dienstgeber:in kontinuierlich Dienstleistungen zu erbringen, jedoch mit deutlich weniger persönlicher Abhängigkeit als bei normalen Angestellten.

Die wichtigsten Unterschiede zu normalen Arbeitsverträgen

Freien Dienstverträge bieten folgende Freiheiten:

  • Keine Weisungsgebundenheit bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort
  • Keine Kontrollbefugnisse des/der Dienstgeber:in über Ihre Arbeitsweise
  • Keine Betriebseingliederung wie bei normalen Angestellten
  • Vertretungsmöglichkeit durch geeignete Personen
  • Ablehnungsrecht für Aufträge

Bei echten Arbeitsverträgen hingegen:

  • Sind Sie weisungsgebunden bezüglich Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung
  • Müssen Sie persönlich und zu bestimmten Zeiten arbeiten
  • Sind Sie vollständig in das Unternehmen eingebunden
  • Gelten Kollektivverträge und das Arbeitsrecht vollumfänglich

Praktische Beispiele: Journalist:innen, die regelmäßig für ein Magazin schreiben, Programmierer:innen in Technologieunternehmen oder Berater:innen, die kontinuierlich für denselben Auftraggeber tätig sind, aber ihre Arbeitszeit und den Arbeitsort selbst bestimmen können. In letzter Zeit machten vor allem die Fahrradbot:innen von sich reden. Sie wurden in vielen Fällen als freie Dienstnehmer:innen aufgenommen, obwohl es einen eigenen Kollektivvertrag für die Branche gibt. Mehr dazu unter etwa beim Riderscollective.

Wichtig: Anders als bei Werkverträgen (wo ein bestimmtes Ergebnis geschuldet wird) oder echter Selbständigkeit sind freie Dienstnehmer:innen sozialversicherungspflichtig nach dem ASVG (§ 4 Abs. 4), haben aber keinen Anspruch auf Kollektivverträge oder arbeitsrechtlichen Schutz gehabt – bis jetzt.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Kündigungsschutz bei freien Dienstverträgen

Erstmals einheitliche Kündigungsfristen: Kündigungsfristen waren bei freien Dienstverhältnissen Verhandlungssache. Dies ändert sich: Freie Dienstverhältnisse ohne befristete Laufzeit können künftig nur noch zu bestimmten Terminen gekündigt werden – zum 15. oder zum letzten Tag eines Monats. Dabei gelten folgende Fristen:

  • Grundfrist: 4 Wochen Kündigungsfrist
  • Nach 2 Jahren: Verlängerung auf 6 Wochen
  • Probezeit: Der erste Monat kann als Probezeit vereinbart werden, in der jederzeit gekündigt werden kann

Wichtig: Diese Bestimmungen sind zwingend und können durch Vertragsvereinbarungen nicht umgangen werden – es sei denn, die Regelung ist für die:den freie:n Dienstnehmer:in günstiger.

Kollektivvertragsschutz wird ausgeweitet

Freie Dienstnehmer:innen werden erstmals in das System der Kollektivverträge einbezogen:

  • Anwendungsbereich: Das Arbeitsverfassungsgesetz gilt nun auch für freie Dienstverhältnisse
  • Begrenzte Geltung: Kollektivverträge können für freie Dienstnehmer:innen allerdings nur bei Mindestentgelten und Mindestbeträgen für Auslagenersatz angewendet werden
  • Automatische Erweiterung: Bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von Arbeitnehmer:innen- und Arbeitgeber:innen-Vertretungen erstreckt sich automatisch auf freie Dienstnehmer:innen und deren Dienstgeber:innen

Sonderregelungen für Land- und Forstwirtschaft

Auch im landwirtschaftlichen Bereich gibt es bedeutende Änderungen:

  • Gleichstellung: Freie Dienstnehmer:innen in der Land- und Forstwirtschaft erhalten dieselben Kündigungsschutzbestimmungen
  • Ausnahme: Die Regelungen gelten nicht für höhere kaufmännische Dienste oder Kanzleiarbeiten
  • Kollektivverträge: Auch hier beschränkt sich die Anwendung auf Mindestentgelte und Auslagenersatz

Übergangsbestimmungen beachten

Bestandsschutz für laufende Verträge: Freie Dienstverträge, die bereits am 31. Dezember 2025 bestehen und von den neuen Regelungen abweichende Vereinbarungen enthalten, können diese zunächst beibehalten.

Kollektivverträge: Der Geltungsbereich bestehender Kollektivverträge bleibt unverändert, bis die Vertragsparteien Änderungen vornehmen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Für Dienstgeber:innen:

  • Überprüfung bestehender freier Dienstverträge erforderlich
  • Anpassung der Kündigungspraxis ab 2026
  • Beachtung möglicher kollektivvertraglicher Mindestentgelte

Für freie Dienstnehmer:innen:

  • Deutlich verbesserter Kündigungsschutz
  • Potentielle Mindestentgeltregelungen durch Kollektivverträge
  • Stärkere rechtliche Absicherung

Für beide Seiten:

  • Rechtzeitige Vertragsanpassungen bis Ende 2025 empfehlenswert
  • Beratung durch Experten ratsam
  • Aufmerksamkeit für neue kollektivvertragliche Entwicklungen

Fazit

Diese Gesetzesänderung stellt eine wichtige Neuerung für freie Dienstnehmer:innen in Österreich dar. Erstmals erhalten sie substantiellen Kündigungsschutz und werden in das kollektivvertragliche System einbezogen. Für Unternehmen bedeutet dies mehr Planungssicherheit, aber auch die Notwendigkeit, ihre Vertragsgestaltung zu überdenken. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen werden freie Dienstnehmer:innen – so wie in der Fahrradbot:innenbranche – sicher ein wichtiges Thema werden.

Unser Tipp: Nutzen Sie das Jahr 2025, um sich auf die neuen Bestimmungen vorzubereiten und bestehende Verträge zu überprüfen. Bei Fragen zur konkreten Umsetzung empfiehlt sich eine Beratung durch Expert:innen.

Die Regelungen treten am 1. Jänner 2026 in Kraft.

Quellen:

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