Active Sourcing vs. Headhunting: Worin liegt der Unterschied?

Active Sourcing Headhunting

In der modernen Personalrekrutierung begegnen uns immer wieder die Begriffe „Active Sourcing“ und „Headhunting“. Beide Ansätze zielen darauf ab, qualifizierte Kandidat:innen proaktiv anzusprechen.

Bei einer genaueren Analyse weisen beide Methoden wichtige Unterschiede auf, die Unternehmen, die mit diesen Personalgewinnungsmethoden arbeiten wollen, kennen sollten. Es gibt eine Vielzahl an Artikeln und Informationen zu beiden Bereichen, allerdings ist die Anzahl konkreter wissenschaftlicher Studien, die sich konsequent vor allem mit Headhunting auseinandersetzen, mehr als überschaubar. Das sagt zumindest Hans Uwe Kanning (siehe Video weiter unten), der drei Studien kurz präsentiert.

Was ist Active Sourcing?

Active Sourcing bezeichnet die systematische und proaktive Suche nach potenziellen Kandidat:innen durch interne Recruiter:innen oder HR-Teams. Dabei werden verschiedene Kanäle wie LinkedIn, Xing, GitHub oder andere Fachportale genutzt, um passende Profile zu identifizieren und die Personen, die die Profile erstellt haben, direkt anzusprechen. Der Fokus liegt auf der direkten, meist digitalen Kontaktaufnahme mit Personen, die möglicherweise nicht aktiv auf Jobsuche sind, aber aufgrund ihrer Erfahrung und Ausbildung zur Vakanz passen. 

Active Sourcing bezieht sich auf unterschiedliche zu besetztende Positionen: sowohl Fachexpert:innen, Techniker:innen als auch Manager:innen werden gerne kontaktiert. Active Sourcing ist ideal für einen raschen Netzwerkaufbau. Durch die zahlreichen Ansprachen kann, bei guter Dokumentation, relativ schnell ein Pool an potenziellen Kandidat:innen aufgebaut werden.

Diskretion spielt natürlich eine wichtige Rolle, aber beim Active Sourcing ist es eher üblich, schon bei der Ansprache mehr Details zum Unternehmen und zur Position zu nennen, was in engeren Suchgebieten (Branche / Gebiet) natürlich eine vollkommene Diskretion verunmöglicht.

Laut einer Masterarbeit von Carina Magnet an der Universität Graz aus dem Jahr 2022 funktioniert Active Sourcing nach dem fast immer gleichen Prozess:

„Der Prozess des Active Sourcing ist immer ähnlich. Zuerst braucht es eine klare Strategie und ein Unternehmen muss genau wissen, nach wem Ausschau gehalten werden soll. Hier wird eng mit dem Employer Branding zusammengearbeitet, um zu wissen, was hervorzuheben ist. Danach wird ein Sourcing Plan erstellt, es werden einzelne Maßnahmen geplant, Tools und Methoden strategisch reflektiert, es wird ein Zeitplan erstellt und auch die Candidate Persona wird entwickelt. Danach geht es darum, den Prozess vorzubereiten (Keywords, Texte etc.). Anschließend kommt es zu den Schritten „Finden“, „Identifizieren“ und „Kontaktieren“. Beim Finden geht es darum, wo gesucht wird, und dass durch die entwickelte Strategie die geeigneten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gefunden werden können. Beim Identifizieren geht es darum, mit den gefundenen Ergebnissen bestmöglich zu arbeiten, sich einen Überblick zu verschaffen und zu erkennen, wer beim Kontaktieren die oberste Priorität aufweist. Beim Kontaktieren geht es darum, eine individuelle Ansprache zu ermöglichen und sich daher auf das Gegenüber einstellen zu können. Danach wird in Kontakt geblieben und versucht, ein erfolgreiches Recruiting umzusetzen, was bedeutet, dass die Person bereit ist, zum Unternehmen zu kommen/zu wechseln (Ernst, 2021)“ (Ing. Carina Magnet; 2022; Seite 40)

Charakteristika von Active Sourcing:

  • Wird eher von der internen Personalabteilung eingesetzt
  • Nutzt hauptsächlich digitale Plattformen (LinkedIn, XING uam.)
  • Systematischer, oft datengetriebener Ansatz
  • Geeignet für unterschiedliche Positionen
  • Transparente Ansprachen (Name des suchenden Unternehmens wird verraten etc.)
  • Breiteres Kandidat:innenfeld durch mehr Ansprachen
  • Ideal um einen Pool an Kandidat:innen aufzubauen
  • Bei vorhandenem und gepflegten Pool: Schnelles Tool um an passende Kandidat:innen zu kommen
  • Hohe Absagequote von angesprochenen Kandidat:innen
Active Sourcing Headhunting Statistik

Was ist Headhunting?

„Headhunter:in“ ist der ältere Begriff als „Sourcer:in“. Er taucht in den Zeitungskorpora bereits sporadisch in den 70er Jahren auf und hat Mitte der 80er Jahre eine erste Hochkonjunktur. Die „Sourcer:in“ (auch im Sinne von aktivem Abwerben, aber nicht nur) taucht erst mit der 90er Jahre in denselben Quellen auf (vgl: www.dwds.de).

Headhunting und Active Sourcing haben gemein, dass auch Headhunter:innen an die Bewerber:innen herantreten und sie direkt ansprechen. Allerdings verweist Headhunting auf eine spezialisierte Form der Personalsuche, die sich auf hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte konzentriert. Headhunter:innen können einzelne Personen sein, aber auch ganze Agenturen, die dann im Optimalfall die komplette Rekrutierung übernehmen: Sie stellen eine Longlist (und in der Folge eine Shortlist) an Kandidat:innen zusammen, präsentieren die Kandidat:innen, organisieren eventuell Assessment Center. Es gibt Agenturen, die auch die Vertragsverhandlungen mit den Kandidat:innen führen.

Headhunter:innen haben oft einen guten Branchenblick und pflegen in vielen Fällen langjährige Beziehungen zu Spitzenkräften. Sie arbeiten mit einem sehr gezielten, persönlichen und diskreten – aber auch kostspieligen – Ansatz.

Nane Jacob schreibt in ihrer Bachelorarbeit aus dem Jahr 2022 zum Thema Headhunting:

Eine der ersten Möglichkeiten, Personen aktiv auf eine neue Stelle anzusprechen, war die Arbeit von Headhuntern. Headhunter sind extern beauftragte Vermittler, die von Unternehmen beauftragt werden, Kandidaten für besonders schwer zu besetzende Stellen zu finden, wobei sie meist auf ihre persönlichen Talentpools zurückgreifen. (…) Headhunter (…) sind zwar oft sehr effektiv, ihre Provisionen sind jedoch auch sehr kostspielig. Daher kann ihr Service in der Regel nicht für viele offene Stellen genutzt werden, sondern nur, um hochrangige Kandidaten zu finden (vgl. Dannhäuser, 2020, S. 8).

Nane Jacob; 2022; Seite 20 (Übersetzt von DeepL.com)

Charakteristika von Headhunting:

  • Headhunting wird meist, wenn nicht immer, von externen Spezialist:innen durchgeführt (schon um die Diskretion zu wahren)
  • Fokus auf Senior- und Führungspositionen oder sehr schwer zu besetzende Expert:innenrollen
  • Punktuelle Suche, kein Poolaufbau
  • Sehr persönlicher, beziehungsbasierter Ansatz
  • Diskrete Abwicklung bei sensiblen Positionen
  • Enges Kandidat:innenfeld
  • Dauert in der Regel länger als Active Sourcing
  • Weniger Absagen durch angesprochene Kandidat:innen

Die wichtigsten Unterschiede im Überblick

Wer und Wo?: Active Sourcing wird oft von der internen Abteilung umgesetzt. Es kann natürlich sein, dass man eine externe Agentur beauftragt, wenn im Unternehmen die entsprechenden Kapazitäten fehlen. Headhunter:innen kommen meist, wenn nicht sogar immer, von außen und werden punktuell für einzelne Position beauftragt.

Zielgruppe: Active Sourcing deckt ein breiteres Spektrum an Positionen ab, während Headhunting sich auf Top-Positionen oder sehr schwer zu besetzende Schlüssel- und Expert:innenrollen spezialisiert.

Durchführung: Active Sourcing wird eher intern erfolgen. Die Ansprache erfolgt breit und sehr oft transparent. Die Position wird offen kommuniziert. Dabei setzen Sourcer:innen sehr stark auf soziale Medien. Headhunter:innen sind selbst Expert:innen mit hohem Branchenwissen. Sie leben – vereinfacht gesagt – von ihren Kontakten und sprechen sehr oft persönlich und im Vertrauen an.

Kosten: Active Sourcing ist sehr oft kostengünstiger als Headhunting, vor allem wenn es intern ausgeführt wird. Die angestellten Sourcer:innen rechnen sich, da sie in einem Jahr mehrere Position besetzen können, einen Pool an Kandidat:innen aufbauen und meist auch noch andere Aufgaben im Employer Branding oder bei der Rekrutierung übernehmen. Headhunter:innen werden pro Auftrag bezahlt. Sie verrechnen prozentual und ziehen als Grundlage des Honorars das Jahresgehalt der zu besetzenden Position heran.

Zeitaufwand: Active Sourcing geht in die Breite. Es werden pro Tag mehrere Personen auf ein und dieselbe Stelle angeschrieben. Daher kann Active Sourcing sehr schnell gehen – um Interessent:innen zu finden. Headhunting kann zeitaufwändiger sein, bietet aber oft höhere Erfolgsquoten bei schwer zu besetzenden Positionen. Genau genommen ist Active Sourcing besonders zeitaufwändig, wenn man erst am Anfang des Aufbaus steht und noch keinen Kandidat:innenpool hat oder nicht über die passenden Tools verfügt..

Diskretion: Headhunting bietet mehr Vertraulichkeit als Active Sourcer:innen. Selbst bei Positionen, die nicht „verdeckt“ laufen, kann die Diskretion schwerer garantiert werden, da sehr oft in der Masse angesprochen wird. Headhunting ist sehr genau und zielgerichtet. Der angesprochene Kandidat:innenkreis meist klein und man arbeitet teilweise mit Verschwiegenheitserklärungen.

Fazit

Beide Ansätze haben ihre absolute Berechtigung in einer modernen Recruiting-Strategie. Active Sourcing eignet sich hervorragend für den Aufbau einer kontinuierlichen Talent-Pipeline und für eher kostenbewusste Rekrutierung. Es ist auch in Unternehmen relativ leicht umzusetzen und braucht (meistens) keine externen Spezialist:innen.

Headhunting ist hingegen unverzichtbar, wenn es um die Besetzung kritischer Führungspositionen geht oder wenn eine spezielle Expertise und Marktkenntnis erforderlich sind. Auch bei schwer zu findenden Expert:innenrollen ist Headhunting die richtige Wahl. In diesen Fällen wird die Suche nach „außen“ gegeben. Anders formuliert: Es werden Spezialist:innen hinzugezogen, die einen tiefen Einblick und ein gutes Standing in der Branche haben. Besonders bei diskreten Suchen sind Headhunter:innen zu empfehlen.

Die erfolgreichsten Unternehmen kombinieren beide Methoden strategisch und setzen sie je nach Anforderung und Budget gezielt ein.

Leider werden die Begriffe nicht immer getrennt. In der Tat bringen sie einige Überschneidungen mit sich. Allerdings weisen sie auch ganz klare Unterschiede auf und sind weit davon entfernt identisch zu sein. Ganz im Gegenteil: Beide Strategien können sich sogar ergänzen und sind neben Stellenanzeigen, Empfehlungsmarketing, Messeaufritten zwei unterschiedliche Tools, deren Einsatz gut geplant sein sollte.


Weiterführende Infos zum Thema Headhunting

Eine schöne Zusammenfassung zum Thema Headhunting / Actice Sourcing liefert Uwe Peter Kanning.

Quellen:

Ing. Carina Magnet. Prozessverbesserung des Online-Recruiting am Beispiel von CRAISS Generation Logistik Austria GmbH & Co. KG. Masterarbeit. Karl-Franzens-Universität Graz und UNI for LIFE Weiterbildungs GmbH. 2022.

Nane Jacob. Recruiting University Graduates – The Relevance of Active Sourcing in Modern Talent Acquisition. Berlin School of Economics and Law International Business Administration Exchange August 2022.

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