Stellenangebote: Zwischen den Zeichen lesen

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Wenn Stellenangebote, Jobinserate oder Ausschreibungen immer wieder dieselben Textbausteine aufweisen, darf Sie das nicht verwundern. Viele Recruiter*innen legen eine Art Schema für Ihre Anzeigen fest. Einige Textbausteine scheinen deshalb bei jedem Inserat wieder auf, andere werden je nach Position und Anforderungen ausgetauscht.

Es kommt natürlich auch vor, dass Inserate von Mitbewerber*innen als Vorlage genommen werden und den eigenen Anforderungen gemäß abgeändert werden. Copy&Paste ist auch in den Personalabteilungen verbreitet. Frei nach dem Motto: „Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht.“

Auch wenn sich viele Stellenangebote ähneln und vor allem bei den gewünschten Eigenschaften (i.e. Verlässlichkeit, Teamfähigkeit etc.) immer wieder die gleichen Begriffe auftauchen, bedeutet das nicht, dass Sie diese ignorieren können. Ähnlich wie bei Dienstzeugnissen haben gerade die geforderten Eigenschaften oder Soft Skills, wie man sie in der Personalistensprache gerne nennt, unterschiedliche Bedeutungen.

Einige Beispiele:

Kommunikationsfähigkeit

Wir starten direkt einmal mit einem meiner Lieblingswörter. Kommunikationsfähigkeit bedeutet nicht, dass ich den ganzen lieben Tag mit den Menschen um mich herum plaudere, sondern, dass ich in der Lage bin deutlich und klar zu formulieren und auch zuhören kann.

Organisationsfähigkeit oder Organisationstalent

Es kann gut sein, dass ein Organisationstalent gesucht wird oder eine Person mit hoher Organisationsfähigkeit. Dies kann auf Chaos im Betrieb deuten. Zumindest sollten Sie in der Lage sein, sich nicht zu verzetteln und straff organisiert zu arbeiten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Sie das Pensum nicht schaffen werden. Prioritäten setzen und hohe Selbstdisziplin sind dann auch gerne geforderte Eigenschaften.

Kreativität / Problemlösungskompetenz

Sie sind die großen Schwestern der Organisationsfähigkeit. Sie sollen die Arbeiten nicht nur schnell erledigen, sondern auch neue Lösungen erarbeiten um die vorhandenen Probleme zu lösen. Kreativität hat nichts mit Schöngeistigkeit zu tun. Es ist oft die schönere Bezeichnung für „Problemlösungkompetenz“. Wenn in Stellenangeboten nach kreativen Personen gesucht wird, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es im Unternehmen nicht wirklich rund läuft und dass es einige Baustellen gibt.

Flexibilität

Bewerber*innen, die Routine und klare Vorgaben schätzen, sollten Vorsicht walten lassen, wenn Flexibilität gefordert wird. Sie müssen sich schnell anpassen können. Mit Sicherheit erwartet Sie kein 08/15-Job. Flexibilität kann ein klares Indiz für Überstunden bedeuten, wenn diese nicht durch eine explizite Überstundenbereitschaft gekennzeichnet ist.

Teamfähigkeit

Natürlich ist Teamarbeit ein wichtiges Thema. Allerdings sollten Sie auch bei diesem Begriff vorsichtig sein. Es bedeutet eben nicht, dass der Arbeitgeber sich gesellige Mitarbeiter*innen wünscht, sondern Mitarbeiter*innen, die ins Team passen – und hier liegt der Haken. Es geht also nicht um Teamplayer*innen, sondern um Menschen, die sich in ein Team einfügen – im schlimmsten Fall sogar – unterordnen können.

Genauso ambivalent ist das „junge Team“. Die Mitarbeiter*innen und zukünftigen Kolleg*innen sind wahrscheinlich nicht älter als 35. Das ist an und für sich kein Problem. Es kann aber auch ein versteckter Hinweis darauf sein, dass ältere Mitarbeiter*innen keine Chance haben. Ausnahme: Man verlangt explizit nach einem „Senior“. Dann braucht das junge Team Führung und Erfahrung.

Es kann aber auch bedeuten, dass man auf günstige Mitarbeiter*innen mit wenig Berufserfahrung setzt. Wenn das „junge Team“ auch noch dynamisch ist, sollten Sie beim Bewerbungsgespräch die Frage nach der Fluktuation und fehlenden Strukturen stellen.

Das attraktive Gehalt

In Österreich muss das absolute KV-Mindestgehalt angegeben werden. In Deutschland ist dies nicht den Fall. Im englischsprachigen Raum gibt man eine Gehaltsspanne auf jährlicher Basis an. In Österreich findet man die Formulierung „attraktives Gehalt“ daher nur selten. Der Mindest-KV ist selten attraktiv. Daher wird wesentlich mehr auf eine Überbezahlung hingewiesen. Allerdings ist die „Überbezahlung nach Berufserfahrung und Qualifikationen“ nichts weiter als eine nette Umschreibung für eine korrekte KV-Einstufung – vor allem bei Angestellten. Hin- und wieder liest man von „attraktiven Zulagen“ – Zulagen sind ebenso ein KV-Bestandteil und haben nichts mit Attraktivität zu tun.

Weiterbildungsmöglichkeiten sind toll. Sie sind nicht automatisch mit Aufstiegschancen verbunden und der berühmte Obstkorb kann faule Früchte enthalten – genauso wie der Wuzzler nicht unbedingt zum „angenehmen Arbeitsklima“ beitragen muss.

Letzteres ist übrigens eine Selbstverständlichkeit und Voraussetzung für Produktivität. Wenn Unternehmen das „angenehme Arbeitsklima“ in den Vordergrund stellen, dann sollten Sie sich das Inserat noch einmal genau ansehen.


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